Migration nach Mayotte: Wie soll Frankreich agieren?
Mit einem eingeflogenen Großaufgebot von Polizisten wollte Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin illegale Zuwanderer aus dem Überseedepartement Mayotte östlich von Afrika in ihre Heimat abschieben und die von ihnen bewohnten Slums zerstören lassen. Die meisten Migranten stammen von den benachbarten Komoren. Der Abriss wurde aufgrund fehlender Ausweichunterkünfte gerichtlich gestoppt, in der Presse geht die Debatte weiter.
Nachbarn in Lösung einbeziehen
Die Räumungsaktion war übertrieben und ändert langfristig wenig, kritisiert La Croix:
„Die nationale Menschenrechtskommission verurteilte die Aktion als 'Terrorstrategie'. Die örtliche Gewerkschaft der Richter und Staatsanwälte warnte vor einer 'repressiven und übereilten Strafrechtspolitik', die auf Kosten des Zugangs zum Recht für alle gehe. Auch die Wirksamkeit einer solchen Operation wird in Frage gestellt. Die Komorer dürften schnell wieder nach Mayotte zurückkehren, wo die Lebensumstände attraktiver sind, selbst für die unter prekärsten Bedingungen lebenden Menschen. ... Der Migrationsdruck wird erst dann nachlassen, wenn sich die Lebensstandards auf dem gesamten Archipel angleichen.“
Großzügigkeit wird schamlos ausgenutzt
Für Le Figaro handelt Darmanin angemessen:
„Niemand auf Mayotte kann die Berechtigung des Eingreifens des Ministers bestreiten. Auf dem Archipel ist illegale Zuwanderung eine Plage. ... Vor der Küste Afrikas locken die auf diesem Stückchen Frankreichs verteilten Sozialleistungen das gesamte Elend der Region an. Viele eilen hin, damit ihre Kinder dort geboren werden, die dank des ius soli die französische Staatsbürgerschaft erhalten - und die damit einhergehenden Vorteile. Dieser Großzügigkeit Frankreichs steht jedoch die Böswilligkeit der Nachbarstaaten gegenüber. ... Insbesondere seitens der Komoren - von wo die meisten Ausländer herbeiströmen -, die ihre Staatsbürger nicht wieder aufnehmen will. Dabei ist Paris dort weiterhin der wichtigste Entwicklungshilfe-Geldgeber.“
Komorer sind dort keine Ausländer
Paris nimmt eine willkürliche Unterscheidung vor, kritisiert Edwy Plenel, Chef von Mediapart:
„Gérald Darmanin hat einen Krieg gegen die Armen gestartet und nicht nur gegen die Zuwanderer. Denn die Bevölkerung, auf die diese spektakuläre Operation abzielt, ist die gleiche wie die, die sie zu schützen vorgibt. Auf Mayotte sind die Komorer und Komorerinnen, die Frankreich von der Insel ausweisen will, indem zunächst ihre Behausungen zerstört und sie dann in Lagern geparkt werden, keine Ausländer. Es ist das gleiche Volk, die gleiche Kultur, die gleiche Sprache, die gleiche Religion. ... Der einzige Unterschied ist, dass einige die französische Staatsbürgerschaft besitzen und andere nicht.“