Frankreich: Journal kämpft gegen ultrarechten Chef
Die Mitarbeiter der Sonntagszeitung Journal du dimanche streiken - aus Protest gegen ihren neuen Chefredakteur Geoffroy Lejeune, dem bisherigen Chef des extrem rechten Magazins Valeurs actuelles. Die Nominierung erfolgt im Zuge der Übernahme des Verlags Lagardère durch den Multimediakonzern Vivendi, dessen Chef Vincent Bolloré dafür bekannt ist, seine Medien zu Sprachrohren rechter bis rechtsextremer Polemik zu machen.
Gefahr für Journalismus und Demokratie
Der ultrakonservative Bolloré ruiniert nicht nur die von ihm gekauften Blätter, TV- und Radiosender, warnt Libération:
„Die Einschaltquoten von CNews und C8 sind alles andere als fantastisch, die von Europe 1 sind wahrhaft desaströs. [Der Illustrierten] Paris Match geht es ebenfalls nicht gut und JDD wird viele Leser verlieren. Was kümmert das schon? Das alles ist nicht teuer anzufertigen, sorgt für viel Aufsehen und trägt durch Lautstärke und grelle Farben dazu bei, die Idee zu verbreiten, dass man einander nicht vertrauen kann, dass die Gesellschaft zersplittert ist, auf 180, der 'Invasion' [von Zuwanderern] und der 'Verwilderung' ausgesetzt ist. ... So wird die Auffassung propagiert, dass wir eine gute autoritäre Regierung brauchen. … Polarisierung statt Information, also der Tod des Journalismus.“
Vielleicht wird jetzt allen klar, was hier läuft
Die Umgestaltung der Medien à la Bolloré übertrifft sogar US-Medienungetümer, kritisiert Le Temps:
„Das Programm ist seit Langem klar, insbesondere angesichts der Entwicklung von I-Télé, des ehrbaren Nachrichtensenders von Canal+, der binnen weniger Jahre zum ultrakonservativen und provokanten CNews wurde und Fox News fast als einen gemäßigten TV-Sender dastehen lässt. ... Doch JDD, die fast 80 Jahre alte Sonntagszeitung zum politischen Geschehen in Frankreich, das gleiche Schicksal erleiden zu lassen, könnte sehr gut die eine Geste zu viel sein. Die Geste, die eine allmähliche Bewusstwerdung in eine kollektive Bewusstwerdung verwandelt. Die, die eine Überzeugung in die Offensichtlichkeit verwandelt, dass sich eine nicht hinnehmbare Manipulation abspielt.“
Medien nicht dem Markt überlassen
Die Regierung in Paris reagiert nicht einmal auf die Empfehlungen von EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton zum Schutz der Pressefreiheit, ärgert sich Mediapart:
„In seinem Entwurf 'Media Freedom Act' von 2022 bestätigt er die Tatsache, dass Medien keine Märkte wie die anderen sind, der Wettbewerb allein kann die Medienvielfalt nicht garantieren. ... Daher schlägt er für alle Fusionen vor, dass andere Gremien, zusammengesetzt aus Journalisten und Experten, herangezogen werden, um die Unabhängigkeit der Redaktionen sicherzustellen, insbesondere gegenüber ihren Aktionären und Besitzern. Sonst beruft sich die Regierung immer schnell auf die EU, doch diesmal scheint sie es nicht eilig zu haben, sich von den Empfehlungen aus Brüssel inspirieren zu lassen.“