Rumänien: Verfassungsgericht annulliert Präsidentenwahl
In Rumänien hätte am Sonntag eine Stichwahl um das Präsidentenamt stattfinden sollen. Diese wurde jedoch abgesagt, weil das Verfassungsgericht den ersten Wahlgang, bei dem der extrem rechte Kandidat Călin Georgescu gewonnen hatte, wegen des Verdachts auf Manipulation annullierte. Es habe sich um einen "aggressiven russischen hybriden Angriff" gehandelt, hieß es in Geheimdienstberichten. Die rumänische und europäische Presse debattiert über die Annulierung.
Spaltung statt Einheit
Der Blog von republica.ro kritisiert, dass die Rumänen nicht an einem Strang ziehen:
„Wenn Călin Georgescu wirklich in Diensten Russlands steht, um das Land zu destabilisieren, dann ist die Operation geglückt – selbst wenn die Stichwahl abgesagt und er nicht zum Präsidenten gewählt wurde. ... Hat er doch sein Ziel erreicht, Rumänien zur leichten Beute für Russland zu machen. Rumänien ist ein Staat, der durch die Inkompetenz und Verantwortungslosigkeit einiger seiner Entscheidungsträger ins Wanken geraten ist. Der aber auch wegen seiner Bevölkerung taumelt, die lieber gespalten ist und sich gegenseitig verabscheut, statt nach einem gemeinsamen Nenner zu suchen und für diesen zu kämpfen – getreu der bewährten Idee, dass Einigkeit Stärke bedeutet.“
Georgescu hätte Stichwahl wohl gewonnen
Spotmedia ist zwiegespalten:
„Es besteht die Gefahr, dass das Vertrauen in den Wert einer Wahl, die ein Eckpfeiler der Demokratie ist, schwindet. ... Wenn die Leute zur Schlussfolgerung gelangen, dass ganz gleich, wie sie wählen, das Ergebnis annulliert werden kann, kann es sein, dass sie sich nicht mehr an der Demokratie beteiligen. Und das hätte unmittelbare Auswirkungen auf die Legitimität jeder politischen Macht. Dennoch wurde durch die Annullierung eine immens große Gefahr vermieden. Denn machen wir uns nichts vor: Die Gefahr war sehr groß, dass Herr Georgescu die Wahl gewinnt. Die letzten Umfragen haben ihn vorn gesehen.“
Wasser auf die Mühlen der Radikalen
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung kritisiert die Annullierung:
„[Es gab] durchaus zweifelhafte Vorgänge rund um die Präsidentenwahl. ... Eine große Zahl offenbar kurz zuvor eröffneter Tiktok-Accounts, die Georgescu bewarben, hohe Geldsummen, die im Hintergrund flossen, und eine Reihe von Influencern, die Videos gegen Bezahlung verbreiteten. All das sind Vorgänge, die den Meinungsbildungsprozess beeinflussen können. ... Doch für eine nachträgliche Annullierung eines ganzen Wahlganges kann das allein nicht reichen. ... Der eigentliche Gewinner könnte am Ende der rechtsradikale Georgescu selbst werden, dem die Richter ein weiteres Argument zur Hand reichten: Er sprach nach der Entscheidung von einem 'Staatsstreich' – und hatte einige Gründe auf seiner Seite.“