Merkel besucht Flüchtlingsunterkunft
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Mittwoch in Heidenau zum ersten Mal eine Flüchtlingsunterkunft besucht und Gewalt gegen Asylsuchende als "abstoßend und beschämend" bezeichnet. Zuvor hatte Berlin das Dublin-Abkommen für Syrer ausgesetzt, die damit nicht mehr in die EU-Ankunftsländer abgeschoben werden. Merkel übernimmt in der Flüchtlingspolitik Europas die Führung, loben einige Kommentatoren. Andere wünschen sich, dass nicht nur das Engagement der Politiker für Geflüchtete gewürdigt wird.
Bundeskanzlerin setzt ein Zeichen für Europa
Mit ihrem beherzten Handeln gegen Fremdenfeindlichkeit demonstriert Merkel neue Führungsstärke innerhalb Europas, lobt die konservative Tageszeitung La Vanguardia: "Erst kürzlich sagte Merkel, dass die Griechenland- und die Eurokrise im Vergleich zur Flüchtlingskrise eher die kleineren Probleme sein werden. Eine einfache Lösung wird es nicht geben. Doch muss man anerkennen, dass Merkel in dieser Sache schnell und energisch gehandelt hat. Das kann einerseits als Machtdemonstration verstanden werden, was natürlich auch Deutschlands Rolle als wichtigster und stabilster Wirtschaftsmacht Europas entspricht. Aber es beweist auch Merkels Glauben an das Projekt Europa und ihr echtes Engagement für die menschlichen Werte, was wir nur unterstützen können."
Die Stunde der Flüchtlingshelfer
Nach dem Besuch Merkels im Flüchtlingsheim in Heidenau sollte die Aufmerksamkeit nun den Flüchtlingshelfern gebühren, meint der öffentlich-rechtliche Deutschlandfunk: "Nun schlägt die Stunde derer, die sich jeden Tag vor Ort für das gute Zusammenleben von Deutschen und Flüchtlingen einsetzen. In Heidenau, in Dresden, andernorts in Deutschland. Sie sind nicht so laut, nicht so aggressiv wie diejenigen, die gegen Ausländer und Schutzsuchende wettern. Viele der Helfer wirken lieber im Verborgenen, ob aus Angst vor Anfeindungen oder menschlicher Bescheidenheit. Sie binden nicht so viel unserer Sendezeit. Und das ist eigentlich ein Skandal. Denn sie verteidigen das weltoffene Deutschland und das Grundrecht auf Asyl an Orten, wo keine Kameras und Mikrofone sind. Sie kämpfen mit Argumenten um diejenigen, die sich sonst möglicherweise den Schreihälsen mit den einfachen Lösungen anschließen."
Merkel lässt Orbán und seinen Zaun alt aussehen
Deutschlands Flüchtlingspolitik entlarvt die Sinnlosigkeit des ungarischen Grenzzauns, stellt die konservative Wochenzeitung Heti Válasz fest: "Es ist Folgendes passiert: Angela Merkel griff sich eine riesige Drahtschere und durchtrennte den ungarischen Grenzzaun. Nach der deutschen Ankündigung, dass praktisch alle Syrer als Flüchtlinge betrachtet werden, sprich, dass sie in Deutschland aufgenommen werden, nimmt sich der Grenzzaun noch sinnloser und überflüssiger aus als bisher. Dies trifft umso mehr zu, als unausgesprochen dasselbe auch für die Iraker gilt; ja sogar nahezu die Hälfte der Afghanen soll in Deutschland Asyl bekommen."