Seehofer besucht Putin in Moskau
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer hat Wladimir Putin in Moskau besucht und dort für eine Lockerung der westlichen Sanktionen geworben. Mit seiner Reise will der Chef der in Berlin mitregierenden CSU einzig und allein Kanzlerin Merkel ärgern, vermuten Kommentatoren.
Der Bayer will Merkel auf der Nase herumtanzen
Offiziell geht es um die bayerisch-russischen Wirtschaftsbeziehungen, doch eigentlich will Seehofer nur zeigen, dass er mit Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht zufrieden ist, interpretiert die liberale Tageszeitung Gazeta Wyborcza die Reise:
„Seehofer ist nur deswegen nach Moskau geflogen, um Merkel vor der ganzen Welt auf der Nase herumzutanzen und sie zu brüskieren. Diese Reise gehört zu dem Streit zwischen Bayern und Berlin über die Aufnahme von Flüchtlingen. Als Merkel im September vergangenen Jahres für die Flüchtlinge die Grenzen aufgemacht hat, ist Seehofer gleich an die Decke gegangen. Doch hat er dies nicht deswegen gemacht, weil sein Bundesland mit den Flüchtlingen nicht fertig wird. Vielmehr wollte der erzkonservative Politiker nur die Gelegenheit nutzen, um mit dem Koalitionspartner abzurechnen. Denn CDU-Chefin Merkel hat die Christdemokraten in die politische Mitte geführt.“
Moskaus Propaganda in die Hände gespielt
Der Besuch des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer bei Wladimir Putin erntet zurecht Kritik in Deutschland, meint der öffentlich-rechtliche Hörfunksender Český rozhlas:
„Obwohl Seehofer schwört, dass die Visite mit der Bundesregierung abgesprochen sei, ist sie nicht ohne starke politische Botschaft. Immerhin sitzen da zwei der größten Gegner der Flüchtlingspolitik von Angela Merkel beieinander. Dazu kommen noch die antirussischen Sanktionen wegen der Annexion der Krim, die vor allem Merkel in der EU durchgesetzt hat. Seehofer hat diese von Beginn an kritisiert, entgingen doch bayerischen Firmen mehr als die Hälfte ihrer Aufträge auf dem lukrativen russischen Markt. Seehofer wird für seinen Russland-Besuch nicht nur von links kritisiert, sondern auch aus den Reihen der Christdemokraten. Der Hauptvorwurf lautet, die russische Führung werde seinen Aufenthalt ganz sicher ebenso propagandistisch ausschlachten wie die Geschichte einer angeblich in Deutschland vergewaltigten deutsch-russischen Minderjährigen.“
Wenn zwei sich streiten, freut sich Putin
Putin ist es nur recht, wenn es Zoff in der deutschen Regierung gibt, kommentiert der öffentlich-rechtliche Deutschlandfunk:
„Nun sitzt er [Seehofer] heute Abend dort und redet in einer Datscha. Das ist kein singulärer Vorgang. Man erinnert sich an Seehofers Treffen mit Ungarns Hardliner Viktor Orban auf Kloster Banz. Auch das war ein Zeichen Richtung Berlin, eines, das nicht so hell strahlte wie Seehofers Besuch bei Putin, aber das durchaus auch Wirkung zeigte. Aber man erinnert sich auch daran, dass auch Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel kürzlich in Moskau antichambriert hat. Zwei Besucher aus Deutschland, die eines eint: Ihr Wille, Angela Merkel auszubooten. Wladimir Putin kann diesem Treiben genussvoll zuschauen. Putin hilft gern, wenn zwei sich streiten. Die Rezession sitzt ihm im Nacken, da kommen Nachrichten an seine Landsleute ganz recht, dass Deutschland nicht ohne ihn kann.“