Wie französisch müssen Einwanderer werden?
"Sobald Sie Franzose werden, sind Ihre Vorfahren Gallier!" Mit diesen Worten hat Ex-Präsident und Vorwahl-Kandidat der Konservativen, Nicolas Sarkozy, eine Assimilation von Einwanderern gefordert. Offenbar ist ihm der Wahlkampf zu Kopf gestiegen, schimpfen einige Kommentatoren. Andere teilen Sarkozys Stolz auf das Erbe der Gallier.
Leugnung eigener Wurzeln hemmt Integration
Dass Nicolas Sarkozy, der selbst ungarische und griechische Wurzeln hat, die Gallier als die einzigen legitimen Vorfahren der Franzosen betrachtet, verheißt nach Einschätzung von La Tribune de Genève nichts Gutes:
„In Genf wie auch im Rest der Schweiz weiß jeder, woher er kommt, und macht keinen Hehl daraus, selbst wenn mehrere Generationen den heutigen Bürger von seinen zugezogenen Vorfahren trennen. Seine Wurzeln zu verleugnen hindert einen daran, sich auf fremdem Boden wohl zu fühlen und sich dort angemessen zu entwickeln. Weigert sich ein Präsidentschaftskandidat in einem Land wie Frankreich, diese Wahrheit zu berücksichtigen, heißt dies, dass er einzig von seinem Ehrgeiz gesteuert wird. Und dieser führt ihn derart in die Irre, dass er dem Diktator des vergangenen Jahrhunderts ähnelt, der es gerne gesehen hätte, dass all seine Untertanen die blonden Kinder einer einzigen nordischen Sage sind.“
Natürlich sind wir alle Gallier
Offenbar wird übersehen, inwiefern der Gallier-Mythos das Streben nach nationaler Einheit widerspiegelt, stellt der konservative Bürgermeister von Chalon-sur-Saône, Gilles Platret, in Le Figaro fest:
„Sich nach 80 Generationen, die uns von den Galliern trennen, und trotz der Nationen, die uns von ihnen entfernen, auf sie zu beziehen, heißt, sich als Mitglied einer Gemeinschaft zu bekennen, die eine Geschichte teilt und einem Schicksal entgegenstrebt. ... Durch den Verweis auf diese Wurzeln - die mehr mythischer denn historischer Natur sind - können sich verschiedene Völker und Individuen zusammenfinden, um Teil des gleichen Landes zu sein. Die Gallier stehen für das Streben nach nationaler Einheit. Das ist der Traum von einem in der wiedererlangten Einheit versöhnten Frankreich. Einer Einheit, die so schwer zu erlangen und so schwer zu bewahren ist, aber stets angestrebt werden muss.“