Die Gefahren der postfaktischen Ära
Das britische Wörterbuch Oxford Dictionary hat den Begriff "post-truth" zum Wort des Jahres gewählt. Es wird als "Umstände, in denen objektive Fakten weniger Einfluss auf die Bildung der öffentlichen Meinung haben als Bezüge zu Gefühlen und persönlichem Glauben" definiert. Kommentatoren untersuchen die Ursachen postfaktischer Politik.
Auch politisch Korrekte verbreiten Lügen
Postfaktische Politik gibt es nicht erst seit Donald Trump, bemerkt La Vanguardia:
„Angesehene Meinungsmacher bedauern, dass Trump Falschmeldungen in Umlauf gebracht hat, die seine Wähler mit Begeisterung geglaubt haben. Doch im Bereich des politisch Korrekten passiert das seit Langem, ohne dass es irgendjemanden kümmert. Viele Fortschrittsgläubige ignorieren die objektive Wirklichkeit. Sie vertreten lieber fragwürdige Theorien oder unbegründete Vorurteile. Zugegeben, es gibt Rechtsextremisten, zu denen auch Trump gehört, die zum Beispiel den Klimawandel in Frage stellen. Aber die Naturfreaks verbreiten seit Jahren Mythen über Essen, Tiere und Gesundheit. Sie predigen zum Beispiel, dass uns die Chemie in den Lebensmitteln vergiftet, wo es doch offensichtlich ist, dass wir viel länger leben als unsere Vorfahren.“
Aberglaube ist der Nährboden
Warum postfaktischer Politik so schwer beizukommen ist, erklärt die Schriftstellerin Irene Lozano in El Mundo:
„Wenn man davon ausgeht, dass keine Gesellschaft weiterkommt ohne vertrauenswürdige Fakten, dann stellt die postfaktische Ära nicht deshalb eine Gefahr dar, weil die Emotion über den Verstand siegen will, sondern weil der Aberglaube unser Fortschritts-Paradigma demontiert. Um diese Gefahr zu bannen, muss man erkennen, woher der Aberglaube seine Kraft bezieht. ... Warum haben die Menschen so lange geglaubt, dass die Erde eine Scheibe ist? Weil abergläubische Geschichten meistens kohärent und glaubwürdig sind. Sie geben einfache Erklärungen für komplexe Zusammenhänge. Damit hat Donald Trump seine Stimmen bekommen: Die Gefahren der Handelsabkommen und die Bosheit der Firmen, die abwandern, passen zu den Erlebnissen und Eindrücken der Durchschnittsbürger.“