Ostmitteleuropäer verlieren Vertrauen in Politik
Der im März unter dem Druck von Massenprotesten in der Slowakei erfolgte Wechsel an der Regierungsspitze hat die Lage im Land bislang nicht beruhigen können. Am Montag trat überraschend der neue Innenminister Tomáš Drucker zurück. Kommentatoren sehen eine generell wachsende Unzufriedenheit der Ostmitteleuropäer mit den Regierenden.
Ein echter Neuanfang sieht anders aus
Innenminister Drucker und der neue Regierungschef Pellegrini haben es nicht vermocht, die Massenproteste zu beenden, bilanziert Dennik N:
„Die beiden sollten die Lage beruhigen. Pellegrini und Drucker, hoffnungsvolle Gesichter der Regierungspartei Smer. Jung, gut angezogen und fähig, auf alle Fragen eine Antwort zu geben. Ihre Mission war klar. Sie sollten die Leute von den Straßen und Plätzen holen und um deren Vertrauen kämpfen. Jetzt ist Tomáš Drucker gegangen. Seine Geste kann nur heißen, dass er es nicht geschafft hat. Nicht mit dieser Regierung, nicht mit dieser Partei.“
Die Macht der Straße wird größer
Massenproteste gab es zuletzt nicht nur in der Slowakei, sondern auch in den anderen drei Visegrád-Staaten, konstatiert die tschechische Tageszeitung Hospodářské noviny:
„Zehntausende demonstrierten in Budapest gegen Fidesz und in Tschechien gegen Premier Andrej Babiš und den Druck auf die unabhängigen öffentlich-rechtlichen Medien. Regelmäßig gibt es auch Proteste in Polen gegen die dortigen Konservativen. Mitteleuropa wird noch nicht von einem hohen Fieber geschüttelt. Doch die Leute machen den Regierenden deutlich, dass sie unzufrieden sind. 30 Jahre nach dem Übergang von autoritären Systemen zu liberalen Demokratien wirkt die Unzufriedenheit wie eine fatale Nachricht. Die Proteste sind bislang aber eher Ausdruck einer Verzweiflung. Doch die Straße bekommt mehr und mehr Macht.“