Niederlande: Hasskampagne gegen Autor
Wegen Morddrohungen hat der queere niederländische Schriftsteller Pim Lammers einen öffentlichen Auftrag für die Kinderbuchwoche zurückgezogen. Weil er 2015 eine Geschichte über die Beziehung zwischen einem Teenager und seinem Trainer veröffentlicht hatte, bezeichnet ihn die christliche Gruppe Gezin in Gevaar [Familie in Gefahr] in einer Petition als "pädophilen Autor". Premier Mark Rutte verurteilte die Drohungen auf Twitter.
Empathie ist nicht Sympathie
Der belgische Schriftsteller Yannick Dangre unterstützt Lammers in De Standaard:
„Die natürlichen Feinde des Schriftstellers ignorieren komplett, was der Schriftsteller erreichen will: Die menschliche Empathie anregen. In der Literatur dürfen und müssen alle Standpunkte einfühlsam gemacht werden, auch die von Kriminellen, Pädophilen, des untreuen Ehepartners. ... Das Problem ist, dass solche Empathie in unserer moralisch besessenen Gesellschaft sofort als Sympathie angesehen wird. Ein kapitaler Denkfehler. Um beim Fremdgehen zu bleiben: Weil man das für einen Leser einfühlbar macht, heißt das nicht, dass man das gutheißt. ... Man darf heute nur Empathie mit dem Opfer haben.“
Die Wütenden verwechseln Fiktion und Realität
Viele Menschen lesen offenbar keine Romane mehr und verstehen sie deshalb auch nicht, beklagt NRC Handelsblad:
„Die Gruppen, die sich hinter die Todesdrohungen stellen - inzwischen auch gegen Autoren, die Lammers unterstützen - nutzen die Polarisierung weiter aus. ... Die Fragen des [Rechtspopulisten] Wybren van Haga im Parlament zeigen einen Politiker in Angst vor dem, was Fantasie bewirken kann. ... Vielleicht hat jemand in der Umgebung von Wybren van Haga Zeit, ihm beizubringen, was ein Roman ist - und dass Literatur und Realität nicht eins zu eins übereinstimmen.“