Idomeni wird geräumt - und was bleibt?
Die griechischen Behörden haben mit der Räumung des Flüchtlingslagers Idomeni begonnen. Nach der Abriegelung der Balkanroute Ende Februar hausten dort zeitweise bis zu 15.000 Menschen. Noch einmal richten Kommentatoren ihren Blick auf das Lager - das zu einem Sinnbild der europäischen Flüchtlingskrise geworden ist.
Abschreckung darf in Asylpolitik nicht fehlen
Was letztlich die Botschaft der Bilder aus Idomeni war, beschreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung:
„Die Verhältnisse, in denen die Migranten in Idomeni hausen mussten, konnten niemanden kaltlassen. Doch die Fotos und Berichte von dort brachten nicht einmal mehr die Bundeskanzlerin dazu, abermals Barmherzigkeit vor Recht ergehen zu lassen. Idomeni war eine hässliche Station auf dem Weg von einem chaotischen und fast schon fatalistischen Umgang mit der Flüchtlingskrise hin zu einer geordneten Migrationspolitik, der, so kaltherzig das klingt, Elemente der Abschreckung nicht fehlen dürfen. Die Fotos aus Idomeni wirkten, mancher in der EU setzte darauf, als Korrektive zu den Flüchtlings-Selfies der Kanzlerin. Die unmissverständliche Botschaft aus dem Lager lautete: Irreguläre Migration auf der Balkan-Route endet nicht in Österreich oder Deutschland, sondern im Schlamm an der Grenze zu Mazedonien.“
Wo Europas Grundwerte begraben liegen
Für El Periódico de Catalunya symbolisiert Idomeni das Scheitern Europas als Gemeinschaft:
„Europa hat seine Würde in Idomeni begraben, in diesem improvisierten Flüchtlingslager, das niemals hätte existieren dürfen. ... Idomeni symbolisiert die Abkehr Europas von seinen Gründungsprinzipien. Im Jahr 2014 provisorisch eingerichtet, existierte das Lager ohne dass es irgendwelche Pläne gab, es zu schließen. Zwei Jahre mussten vergehen. Das von einer gigantischen Wirtschaftskrise erschütterte Griechenland wurde mit einer Situation allein gelassen, mit der es nicht fertig wurde. Zum Glück leisteten einige Nichtregierungsorganisationen Hilfe von unschätzbarem Wert.“
Griechische Wirtschaft litt unter Idomeni
Mit den Folgen der wochenlangen Blockade der Eisenbahnverbindung zwischen Griechenland und Mazedonien beschäftigt sich die Wirtschaftszeitung Naftemporiki:
„Die Blockade der Eisenbahn war ein schwerer Schlag für die Export-Import-Unternehmen, die gezwungen waren, andere Routen zu wählen, um ihre Produkte zu transportieren. Die Unternehmen mussten ihre Produkte über Bulgarien transportieren, was die Lieferzeiten verlängerte. Die Route durch Bulgarien dauert bis zu zwei Tage mehr im Vergleich zur Strecke über die Eisenbahnlinie von Idomeni. Pro Zug liegen die zusätzlichen Kosten bei schätzungsweise 7.000 bis 10.000 Euro. Darüber hinaus hat die Blockade in Idomeni der geostrategischen Bedeutung des Hafens Piräus geschadet und dessen chinesischem Eigentümer Cosco. ... Beträchtlich sind die Schäden auch für den Hafen von Thessaloniki.“