Neue Friedensmächte Moskau, Ankara und Teheran?
Russland, der Iran und die Türkei haben ein Abkommen über die Zukunft Syriens unterzeichnet. Sie wollen eine landesweite Waffenruhe garantieren, haben den Kampf gegen die IS-Terrormiliz und andere dschihadistische Gruppen zum Hauptziel erklärt und einen Regimewechsel ausgeschlossen. Kommentatoren erklären, wie diese neue Allianz zustande kam.
Die Initiative liegt in Putins Händen
Moskau bestimmt derzeit die Bedingungen in Syrien, erläutert Milliyet:
„Das Treffen und die Aussöhnung in Moskau sollte man als Erfolg der russischen Diplomatie ansehen. Dass Russland die Türkei an ihre Seite nimmt und dagegen die USA zumindest derzeit außen vor lässt, zeigt, dass die Initiative in Putins Händen liegt und die Syrienkrise tatsächlich in Richtung eines 'russischen Friedens' steuert. ... Allerdings kann man von den derzeit ausgeschlossenen USA erwarten, dass sie nach dem Amtsantritt Donald Trumps am 20. Januar in Aktion und mit Russland in Dialog treten werden.“
Wenn's dem Frieden dient - warum nicht?
Weshalb die unerwartete Allianz zwischen Moskau, Ankara und Teheran zustande kam, erläutert der Deutschlandfunk:
„An erster Stelle stehen Verhandlungen mit Regime und Rebellen in Syrien über eine Waffenruhe. Sie ist Voraussetzung für humanitäre Hilfe in großem Stil. Hier dürften die Partner vor allem auf die Kompetenzen der Türkei setzen. Außerdem wird festgehalten, dass der Konflikt militärisch nicht zu lösen sei. Eine derartige Einsicht würde man sich auch für den inländischen Konflikt mit den Kurden in der Türkei wünschen. Für den Wiederaufbau streben die drei Staaten ein multikonfessionelles, demokratisches und säkulares Syrien an. Wohl nur so könnte der Alawit Assad die überwiegend sunnitische Bevölkerung Syriens mit dem Segen des schiitischen Islam weiterregieren. Und die Türkei könnte auf gute Geschäfte beim Wiederaufbau Syriens hoffen. Das Abschlusspapier folgt vor allem eigenen Interessen der drei beteiligten Staaten. Doch, wenn es wirklich dem Frieden dient - warum nicht?“
Erdoğan gewinnt neue Freunde und Feinde
Die Deklaration von Moskau zeigt das Dilemma, in dem Ankara steckt, meint Politis:
„Amerika ist wütend. Europa ist wütend. Die Dschihadisten sind wütend. Auf wen? Auf die Türkei! Sie denken, dass sie von der Türkei verraten wurden, da die Türkei diejenige ist, die ihre Position um 180 Grad gedreht hat. Sie hat sich von denjenigen distanziert, mit denen sie begonnen hatte und lief zur Gegenseite über. Erdoğan hatte geschworen, Assad zu stürzen. Bald wird er ihn aber als 'Bruder Assad' bezeichnen. Als ob absolut nichts passiert ist. ... Sowohl Saudi-Arabien als auch Katar sind wütend auf die Türkei. Erdoğan hat mit Russland ein Abkommen unterzeichnet, aber neue Feinde gewonnen! Die neuen Feinde sind die alten Freunde! Werden sie die Türkei nach dieser 180-Grad-Wende, also nach diesem Verrat, in Ruhe lassen?“
Weitsichtige Diplomatie aus Moskau
Die Moskauer Deklaration ist ein Ergebnis der hervorragenden russischen Diplomatie, lobt Imerisia:
„In den letzten drei Jahren, seit dem Herbst 2013, wurde Moskau von den USA als schwieriger Gesprächspartner akzeptiert, aber auch als Teil der Lösung des Problems der Bewältigung des islamischen Fundamentalismus. ... Heute, während die USA ihre alten Verbündeten Türkei, Israel und Saudi-Arabien verstimmt haben und mit Teheran nicht vollständig die Beziehungen verbessern können, vermittelt Russland zwischen der Türkei und dem Iran, um einen Kompromiss für Syrien zu finden. Gleichzeitig hat Moskau ständigen Kontakt mit Israel und Saudi-Arabien. Traditionell reagiert die konservative russische Diplomatie nie, ohne vorher gut zu überlegen: Sie würde nie unüberlegte Aktionen machen als Vergeltung für die Ermordung des Botschafters in Ankara, so wie sie vor einem Jahr nach dem Abschuss eines Jets durch die türkische Luftwaffe ebenfalls eine bewundernswerte Selbstbeherrschung zeigte.“