Regierungskrise in Nordirland
In Nordirland droht nach dem Rücktritt des Vize-Regierungschefs Martin McGuinness die Einheitsregierung zu zerbrechen. Der will mit seinem Schritt Regierungschefin Arlene Foster zum Rücktritt zwingen, der Misswirtschaft im Zusammenhang mit einem Programm für erneuerbare Energien vorgeworfen wird. Kommentatoren aus Großbritannien ärgern sich über die Verschwendung von Steuergeldern, erkennen aber in dem Skandal auch etwas Positives.
Kostspieliges Chaos für den Steuerzahler
Nachvollziehbar findet es The Irish Times, dass Martin McGuinness und seine Partei Sinn Féin Arlene Foster nun unter Druck setzen:
„Die scheidende Regierungschefin Arlene Foster hat vom ersten Tag an das Ausmaß des Skandals rund um das Programm zur Förderung erneuerbarer Energien unterschätzt und verharmlost. ... McGuinness' Forderung nach einem vorübergehenden Rücktritt Fosters wird nicht nur von seiner eigenen Partei, Sinn Féin, unterstützt, sondern von allen nordirischen Parteien - außer jener von Arlene Foster. McGuinness hat nach eigener Aussage 'zehn schwierige und prüfende Jahre lang als Vizeregierungschef Nordirlands gedient'. Sein Rücktritt am Montag ist in diesem Fall eine angemessen Reaktion auf ein Chaos, das die nordirischen Steuerzahler rund 490 Millionen britische Pfund [rund 562 Millionen Euro] kosten könnte.“
Endlich hat auch Nordirland normale Probleme
The Independent freut sich insofern über den Skandal, als dass er zeigt, dass die Politik in Nordirland nicht mehr nur vom Konflikt zwischen Republikanern und Unionisten dominiert wird:
„Die derzeitige Krise ist in vielerlei Hinsicht mit einem lachenden und einem weinenden Auge zu sehen. Sie ist vielleicht eines der bislang positivsten Anzeichen dafür, dass Nordirland mit einem ganz gewöhnlichen Finanzskandal in eine Phase normalisierter Politik eingetreten ist - weit entfernt von der Anspannung und den außergewöhnlichen Vorgängen zu Zeiten des Bürgerkriegs. Das soll jedoch nicht heißen, dass uns die derzeitige Krise, der sich Nordirland gegenübersieht, kalt lassen sollte. Einerseits lässt sie uns erkennen, wie positiv sich die Politik in der Region seit dem Friedensprozess entwickelt hat. Andererseits ist sie eine eindringliche Mahnung, dass die Politik in Friedenszeiten ganz neue Komplexitäten und Krisen mit sich bringt.“