Ungarn interniert Flüchtlinge
Ungarns Regierung hat die Asylgesetze weiter verschärft. Das Parlament stimmte für die Einrichtung von "Transitzonen", in denen sowohl künftige Flüchtlinge als auch die sich bereits im Land aufhaltenden Asylbewerber festgehalten werden sollen. Erneut bringt Premier Orbán sein Land in Verruf, kritisieren die einen. Endlich ist Ungarn sicher, freuen sich die anderen.
Ganz Ungarn in Misskredit gebracht
Mit der Entscheidung zur Einrichtung von sogenannten Transitzonen rückt Premier Viktor Orbán sein Land erneut in ein schiefes Licht, bedauert die regierungskritische Tageszeitung Népszava:
„Wir haben uns daran gewöhnt, dass der Herr Ministerpräsident immer Krieg spielen möchte. Unentwegt sucht er nach Feinden, und wenn es keine am Horizont gibt, denkt er sich einfach welche aus. ... Wir sind müde geworden, dem Herrn Ministerpräsidenten klarzumachen, dass niemand unsere Souveränität bedroht, weder Brüssel noch die Flüchtlinge. ... Mit der Schaffung von Transitzonen stellt der Premier die Nation unter Quarantäne, verstoßen doch diese sowohl gegen internationales als auch gegen EU-Recht. ... Dass der Regierungschef sich selbst moralisch diskreditiert, könnte im Grunde ja seine Privatangelegenheit sein. Könnte, wenn er nicht der Regierungschef wäre. Doch so diskreditiert er nicht nur die ungarische Politik, sondern auch das gesamte ungarische Volk.“
Sicherheit für Investoren und Touristen
Mit der Einrichtung von Transitzonen untermauert Ungarn einmal mehr, dass es ein sicheres Land ist, freut sich die regierungstreue Tageszeitung Magyar Idők:
„Durch die Errichtung eines Grenzzauns an der ungarisch-serbischen Grenze hat Ungarn im Herbst 2015 einen symbolträchtigen Schritt getan, der gleichsam der Ausgangspunkt für ein Umdenken in ganz Europa war. Kurz: Auch in den Hauptstädten Westeuropas hat man allmählich erkannt, dass der Flüchtlingsstrom unaufhaltbar ist. Die Einrichtung von Transitzonen ist vor diesem Hintergrund nur die logische Konsequenz. … Die Maßnahmen der ungarischen Regierung garantieren die Sicherheit unseres Landes. Das ist in diesen Tagen ein Wert, der nicht hoch genug geschätzt werden kann. Für ausländische Investoren ist die Sicherheit heute eminent wichtig. Die stetig steigende Zahl von Touristen ist auch ein Beleg dafür, dass Ungarn als sicheres Land betrachtet wird, ganz zu schweigen vom steigenden Sicherheitsgefühl ungarischer Familien.“
Vorreiter in der Flüchtlingspolitik
Vor scheinheiliger Empörung über Ungarns scharfe Flüchtlingspolitik warnt Die Welt:
„Auch wenn Angela Merkel es niemals zugeben würde: Längst hat sie eingesehen, dass ihre Politik und manche ihrer Äußerungen gut gemeint, aber wenig durchdacht und in den Folgen verhängnisvoll waren. Wäre es anders, würde die Flüchtlingspolitik heute nicht aus den drei 'A' bestehen: 'abschieben, abschrecken, abweisen'. Nur reden die Kanzlerin und ihre Partei nicht so gern darüber. … Heute gibt fast jeder Politiker der Regierungsparteien hinter vorgehaltener Hand zu: Es war eine sinnvolle Entscheidung des ungarischen Ministerpräsidenten, die Einfallstore nach Mitteleuropa zu schließen. Wie sähen Deutschland und Europa heute innenpolitisch aus, wären sie noch offen? Man sollte diese Tatsache im Kopf behalten, wenn nun wieder ein Verbalismus der Voreiligkeit und Empörung aufbrandet, weil Orbán Flüchtlinge in Transitzonen unterbringen will, solange ihr Status offen ist.“
EU wird keine Sanktionen wagen
Angesichts der anstehenden Wahlen in Frankreich und den Niederlanden sind von Seiten der EU zwar scharfe Verurteilungen aber wohl kaum Sanktionen gegen Ungarn zu erwarten, prognostiziert Savon Sanomat:
„Die EU wird zweifellos Ungarns Vorgehen, das die Idee der humanitären Hilfe mit Füßen tritt, verurteilen. Eine andere Frage ist, ob die Entrüstung in der Praxis irgendwelche Sanktionen nach sich zieht. In zwei wichtigen EU-Ländern, in Frankreich und den Niederlanden, stehen im Frühjahr Wahlen an, bei denen die Kritik an der EU, Nationalismus und die Ablehnung der Einwanderung eine große Rolle spielen. In dieser sensiblen Lage könnte die EU davon absehen, den Rechtspopulisten Munition in die Hand zu geben und deswegen eine Einmischung in die souveränen Entscheidungen der Mitgliedsstaaten vermeiden.“