Wie gefährlich ist Trumps Umgang mit der Nato?
Als erster US-Präsident seit Gründung des Nordatlantikpakts bekennt sich Donald Trump auf dem Nato-Gipfel nicht ausdrücklich zum Beistandsartikel 5. Stattdessen wirft er den Partnern mangelnden finanziellen Einsatz vor. Laut Kommentatoren spielt diese Konfrontationsstrategie vor allem Russland in die Hände.
Trump verkennt Rolle der Nato
Mit der Kritik am fehlenden finanziellen Beitrag der Europäer zur Nato gefährdet Trump den Zusammenhalt im nordatlantischen Verteidigungsbündnis, meint Akşam:
„Man kann es vielleicht wichtig finden, dass Trump ständig betont, kein Nato-Mitglied tätige die ihm obliegenden Zahlungen in voller Höhe. Aber er hat einfach nicht begriffen, dass die Nato seit 70 Jahren einen globalen Krieg verhindert und dass dieser Erfolg nicht einfach so in Frage gestellt werden kann. ... Letztendlich ist das einzig echte Ergebnis des Nato-Treffens die Übereinkunft zwischen Trump und [dem Präsidenten des Europäischen Rates] Donald Tusk, dass sie in Bezug auf die Ukraine dieselben Standpunkte vertreten. Die Teilnehmer des Gipfels sind zu dem Schluss gekommen, dass Trump keine vertrauenswürdige Person und auch die Anführerschaft der USA innerhalb der Nato in Frage gestellt ist. Und dieser Kurs gefällt wiederum Putin.“
US-Kurs spielt Russland in die Hände
US-Präsident Donald Trump hat beim jüngsten Europa-Besuch eher die Interessen Russlands als die seiner europäischen Partner bedient, beobachtet Ziare:
„Trump hat als Präsident der USA und Befehlshaber der größten Streitkraft der Welt eine klare Bekräftigung von Artikel 5 [des Nordatlantikvertrags] vermieden und so Russland den Weg freigemacht, den Druck auf die baltischen Staaten zu erhöhen. ... Alles, was der US-Präsident außenpolitisch unternimmt, scheint im Vorfeld mit [Russlands Präsident] Wladimir Putin abgesprochen zu sein. Seine Handlungen und Erklärungen zielen alle darauf ab, die EU und die Nato zu schwächen. Auf seiner diplomatischen Rundreise lobte er den Brexit, setzte die Nato-Mitglieder unter Druck, griff Deutschland an und markierte den starken Mann gegenüber Frankreichs neuem Präsidenten Emmanuel Macron.“
Risiko eines Krieges in Europa steigt
Dass Trump sich in seiner Rede nicht eindeutig zu Artikel 5 des Nordatlantikvertrags bekannt hat, erhöht nach Ansicht von Gazeta Wyborcza das Risiko eines Kriegs:
„Trumps Schweigen zum Artikel 5 bedeutet, dass die USA den Nato-Staaten keine bedingungslose Sicherheitsgarantie mehr geben. ... Für ein Russland, das entschlossen ist, um jeden Preis verlorene Gebiete und Einflusszonen zurückzugewinnen, könnte das grünes Licht für Aggressionen bedeuten. So entschlossen ist Putins Russland zwar nicht. Doch es könnte ihm schwerfallen, die Möglichkeit, die Trump ihm bietet, überhaupt nicht zu nutzen. Moskau muss jetzt prüfen, was der neue Standpunkt der USA in der Praxis bedeutet. Er bedeutet jedenfalls eine größere Bedrohung für Mittelosteuropa. ... Für die baltischen Staaten sogar eine existentielle Bedrohung. Die Gefahr eines neuen Krieges in Europa ist realer geworden.“