Trump als Ehrengast in Frankreich
Nach Trumps Paris-Besuch in der vergangenen Woche steht Macron im Mittelpunkt der europäischen Diplomatie. Manche Journalisten hoffen, dem französischen Präsidenten werde es gelingen, den US-Präsidenten wieder stärker in die internationale Politik einzubinden. Andere haben Zweifel, ob Macron den hohen Erwartungen am Ende gerecht werden kann.
Diplomatisches Meisterstück
Macrons außenpolitisches Geschick beeindruckt den Deutschlandfunk:
„Immer und immer wieder führte Macron seinem Gast aus europäischer Perspektive die lange und bedeutungsvolle Geschichte der gemeinsamen Beziehungen vor Augen, sprach ihn als Amtsnachfolger großer US-Präsidenten an, machte ihn so zum Teil der französisch-amerikanischen Geschichte, band ihn, zumindest für zwei Tage, wieder ein ins Konzert des Westens und der westlichen Werte - ein Meisterstück individueller Diplomatie. Seine 'America-first'-Politik wird Donald Trump jetzt nicht gleich ändern, aber mit ihm auf diese Weise ins Gespräch zu kommen, könnte zukunftsträchtiger sein als jene schroffe Ablehnung, die die regierungserfahrene Bundeskanzlerin Merkel gegenüber Donald Trump an den Tag legte.“
Macrons Ehrgeiz ist riskant
Mit seiner selbstgewählten Führungsrolle setzt Macron die Messlatte hoch an, bemerkt El Mundo:
„Europas Institutionen verlieren an Glaubwürdigkeit, Merkel blickt auf die deutschen Wahlen im September und Macron nutzt diese Chance, sich als derjenige zu etablieren, der die geopolitische Rolle des Alten Kontinents reaktivieren kann. ... Trump hat beim Klimawandel Zugeständnisse gemacht. Und Merkel befürwortet Frankreichs Forderungen nach einem europäischen Haushalt und einem europäischen Finanzminister. Macrons beeindruckende Agenda und die Tatsache, dass sein Handeln Brüssel allmählich die Richtung vorgibt, profilieren ihn als stärksten Anführer in der EU. Jetzt muss er nur noch beweisen, dass er diesen hohen Erwartungen auch gerecht wird. Seine ehrgeizigen Ziele beinhalten für ihn auch ein hohes Risiko.“
Macrons kluges Kalkül
Für Macron könnte sich der Staatsbesuch lohnen, glaubt La Tribune de Genève:
„Macron wird es bestimmt nicht gelingen, Trump zu einem Meinungsumschwung beim notwendigen Kampf gegen den Klimawandel zu bewegen. Aber die Bilder vom 'Bastille Day', die weltweit auf allen Kanälen liefen, reihten die junge Autorität Macrons unter den Großen der Welt ein. Frankreich weiß, dass es in den Syrien-Verhandlungen durch eine Annäherung an Washington seinen Platz am Verhandlungstisch zurückerobern kann. In Sachen Terrorbekämpfung braucht Paris die finanzielle Unterstützung der USA, um die G5-Sahel-Gruppe zu stärken, die es mit fünf afrikanischen Staaten gegründet hat. Nach dem Versailler Prunk für Russlands Wladimir Putin musste für den amerikanischen Partner etwas noch Beeindruckenderes her. Mission erfüllt - wie man heute auf den Champs-Elysées sehen kann.“
Den US-Präsidenten darf man nicht hofieren
Macron ist mit seiner Einladung an Donald Trump zu weit gegangen, findet der Schriftsteller Pierre Brunet in Causeur:
„Es war richtig, US-Soldaten zum gemeinsamen Defilieren mit französischen Soldaten am 14. Juli einzuladen, da zahlreiche US-Soldaten im Verlauf der zwei Weltkriege auf französischem Boden - und zum Teil für uns - gestorben sind. Es ist auch richtig, dass man mit denjenigen, deren Ansicht wir nicht teilen, von Angesicht zu Angesicht spricht - sei es mit Putin, Trump oder anderen. Was man hingegen nicht hätte machen sollen, ist der Verantwortungslosigkeit, der Verachtung, der Vulgarität, der Ignoranz und dem zerstörerischen Hochmut des Chefs des mächtigsten Landes der Welt zu schmeicheln.“
Nicht nur "Amerika zuerst!"
Emmanuel Macron, Donald Trump und auch Angela Merkel haben eines gemeinsam, beobachtet Lidové noviny:
„Die Europäer sind - anders als Trump - angeblich Bannerträger der Offenheit und Zusammenarbeit. Aber das ist eine Illusion. Macron ist zwar eine Liga kultivierter als Trump. Er sagt aber - auf nettere Art - auch nichts anderes als 'Frankreich zuerst!'. ... Und Merkel? Sie ist eine sehr höfliche und fähige Politikerin. Sie vermag Europa zu führen, was auch Trump anerkennt. Aber auch sie besteht auf 'Deutschland zuerst!' und lehnt Frankreichs Forderung nach europäischen Obligationen ab. Ja, Europas Führer benehmen sich viel besser als Trump. Inhaltlich aber benehmen sie sich oft gar nicht so anders.“
Macron lässt Diplomatie spielen
In seiner kurzen Amtszeit hat Macron schon Putin, Merkel und Trump empfangen. El Periódico de Catalunya ist allerdings skeptisch, ob er mit seiner diplomatischen Offensive etwas erreichen kann:
„Macron will sich als der Mann präsentieren, der sich mit den drei Großmächten versteht, in deren Beziehungen es kriselt. ... Frankreich und die USA haben ihrerseits ebenfalls ernste Meinungsverschiedenheiten bei Welthandel und Klimaschutz. Aber zumindest arbeiten sie bei der Terrorbekämpfung und im Syrienkonflikt zusammen. Wie schon beim G20-Gipfel deutlich wurde, wird es für Macron nicht einfach, Trump von seinen Ansichten zu überzeugen. Aber zumindest stärkt er dabei Frankreichs Rolle auf der internationalen Bühne.“