Macron verliert weiter an Zustimmung
Die Umfragewerte des französischen Präsidenten befinden sich weiter im Fall. Einer am Donnerstag veröffentlichten YouGov-Umfrage zufolge erhält Macron nur noch 36 Prozent Zustimmung, 49 Prozent beurteilen seine Arbeit als negativ. Bereits im Juli hatte das Meinungsforschungsinstitut Ifop ihm schlechte Umfragewerte attestiert. Sollte der Präsident über einen Kurswechsel nachdenken?
Ungerechtigkeitsgefühl macht sich breit
Macron muss seinen Kurs korrigieren, fordert Libération:
„Man kann selbstverständlich nicht auf Neuerungen im politischen Leben drängen und dann bei der ersten Veränderung meckern. ... Die bisher ergriffenen Maßnahmen lassen allerdings ein Gefühl sozialer Ungerechtigkeit aufkommen, das nach der Sommerpause, wenn es um die Reform des Arbeitsrechts geht, wie ein Bumerang zurückkommen könnte. Es sind dringend Korrekturen vorzunehmen. Macrons Vorgänger wissen, welchen Preis ein misslungener erster Sommer hat. François Hollande hat sich nie davon erholt. Wer sich mit Jupiter vergleicht, geht eben das Risiko ein, bei einem Sturz von sehr weit oben zu fallen.“
Kritische Medienberichte sind unerwünscht
Macron will seinem Popularitätsverlust mit einer offensiven Medienpolitik gegensteuern, erklärt Politologe Zoltán Kiszelly auf dem Blogportal Mozgástér:
„Inzwischen haben sich die französischen Journalisten daran gewöhnt, dass er keine Interviews mehr gibt. Macron und sein Team wollen nur positive Nachrichten über sich lesen. Schon bei der ersten offiziellen Reise Macrons wollte der Elysée-Palast bestimmen, welche Journalisten von den Redaktionen entsandt werden. Mehr noch: Regierungssprecher Christophe Castaner forderte die Medien auf, die Arbeitsrechtsreform mit investigativen Berichten 'nicht zu schwächen'. Da passt es, dass Macrons Partei La République en Marche ankündigte, ein Medienimperium zu schaffen, in dem sie direkt mit den Wählern kommunizieren kann.“
Zu viel Selbstherrlichkeit schadet
Corriere della Sera spottet über Macron und sein plötzliches Umfragetief:
„Der Mann der Vorsehung, den - wie er selbst bescheiden sagte - Jupiter schickte, um Frankreich aus den Klauen von Marine Le Pen und dem Front National zu retten, hat das Trugbild der eigenen Unfehlbarkeit möglicherweise etwas zu ernst genommen. Und dabei vergessen, dass die Präsidentschaftswahlen ohne die Skandale von Ex-Premier Fillon ganz anders ausgegangen wären. Das Ende der Flitterwochen mit den Franzosen ist wohl unvermeidlich, wie es Ex-Präsident François Hollande bedauernd und philosophisch ausdrückte. Im Fall seines Erben Macron kam es jedoch sehr rasch. Von der Autorität zum Autoritarismus: Dieser kurze Schritt ist der Presse nicht entgangen, die doch anfangs noch mit dem napoleonischen Auftreten des früheren Finanzinspektors sympathisiert hatte, den eine wundersame Konjunktur in den Elysée-Palast katapultierte.“
Kein Grund, auf die Bremse zu treten
Der Präsident sollte sich auf seinem Reformkurs nicht einschüchtern lassen, rät das Handelsblatt:
„Seine beiden unmittelbaren Vorgänger verließ der reformerische Mut, als die Umfragewerte zu bröckeln begannen. In den kommenden Monaten wird man sehen, ob Macron mehr Stehvermögen hat als Sarkozy und Hollande. Im August und September, wenn seine Regierung konkret wird bei der Arbeitsmarktreform, dürfte der Unmut zunehmen. Gewählt wurde Macron, weil eine Mehrheit der Franzosen das Land runderneuern will. An diese Mehrheit muss er sich wenden, ihre Erwartungen muss er zufriedenstellen. Dazu gehört allerdings nicht nur Kurshalten, sondern auch die Bereitschaft, besser zu erklären, was er vorhat.“
Absturz hat auch etwas Positives
Le Point sieht keinen Grund, die Umfrageergebnisse zu dramatisieren:
„So ein Absturz [in den Umfragen] kann verschiedene Gründe haben: Er kann aus der Enttäuschung der Bürger herrühren, wenn der Präsident nicht wie angekündigt handelt. So war es 1995 bei Jacques Chirac (minus 15 Punkte), der zwar aufgrund der sozialen Kluft die Wahl gewann, sich dann aber kaum um das Thema kümmerte. Er kann aber auch dadurch entstehen, dass sich die Wähler zurückziehen, wenn sie sich konkret mit den Maßnahmen konfrontiert sehen, die sie einst guthießen, als sie für deren Verfechter stimmten. … Ein Präsident, dem es wichtiger ist, zu handeln als zu gefallen (bis wann und wie weit, das wird sich noch zeigen) ist etwas Neues. Auch wenn man den Zustimmungsverlust von zehn Punkten nur schwerlich als gute Nachricht interpretieren kann - interessant ist er allemal, und zwar als Test für Macrons Entschlossenheit.“
Maastrichter Defizitmarke hat Priorität
Público verteidigt die unpopuläre Politik des Präsidenten:
„Macron hat schwierige politische Entscheidungen zu treffen, besonders was die Verteilung von Ressourcen angeht. Das mögen einige, wie der [zurückgetretene] französische Generalstabschef Pierre de Villiers nicht verstehen. Macron hat sich für die Einhaltung der Maastrichter Defizitmarke von drei Prozent entschieden - und gezeigt, dass er bereit ist, für diese 'höchste Priorität' einige seiner Wahlversprechen aufzugeben. ... Macron hat aber nicht nur den Militärhaushalt gekürzt, sondern auch die versprochenen Steuererleichterungen verschoben. Es liegt nun an ihm, eine langfristige Balance zu finden.“