Deutschland unterzeichnet Gas-Deal mit Katar
Deutschland hat nach Aussage der Regierung Katars ein Gaslieferungs-Abkommen mit dem staatlichen Großunternehmen Qatar Energy geschlossen. Ab 2026 sollen für 15 Jahre bis zu zwei Millionen Tonnen Flüssigerdgas (LNG) pro Jahr an Deutschland geliefert werden. Für Kommentatoren passt der Deal nicht so recht mit den aktuellen Diskussionen zum Klimaschutz und zur Fußball-WM in Katar zusammen.
Klimaschutz: Morgen, morgen, nur nicht heute
Zeit Online reibt sich die Augen:
„Das Geschäft gilt für 15 Jahre und bindet Deutschland so bis 2041 und damit viel zu lange an einen Energieträger, der das Weltklima zerstört. Deutschland verstetigt gerade jene fossile Abhängigkeit, die der Bundesrepublik die aktuelle Energiekrise und der Menschheit die bevorstehende Jahrhundertkrise beschert hat. Dabei muss Deutschland bis 2045 klimaneutral sein. Das ist nicht die Forderung irgendwelcher Aktivistinnen, sondern geltendes Recht. ... Bis kurz vor Schluss noch mal ordentlich Gas einkaufen und dann ganz schnell aussteigen – so eine Energiepolitik erinnert an den Raucher, der sich am Kiosk nicht eine, sondern zwei Schachteln holt: 'Die rauch ich noch, und nächste Woche hör ich auf!' Das klappt leider selten.“
Berlin belässt es bei Symbolpolitik
Deutschland macht sich längst unglaubwürdig, meint die Berliner Zeitung:
„Es ist schon etwas peinlich, wenn deutsche Politikerinnen sich einerseits mit Regenbogenbinden in Katar präsentieren und wir die absolutistische Monarchie dort andererseits mit langfristigen Fossil-Deals finanzieren. Ja, soll der Rest der Welt denn denken, dass Deutschland nur an Symbolpolitik mit Regenbogenfahnen interessiert ist? Dass uns die Rechte von Homosexuellen und Frauen nur interessieren, wenn wir nicht von jenen profitieren, die sie missachten? Vielleicht denkt man das ja zu Recht und wir sind längst so weit.“
One Love oder Energiesicherheit - beides geht nicht
Deutschland sollte einfach zu seiner Realpolitik stehen, meint die Neue Zürcher Zeitung:
„So wichtig können euch die Menschenrechte gar nicht sein, sonst würdet ihr euch nicht für 15 Jahre mit unserem Gas eindecken. Das ist die Botschaft des Deals. Unrecht haben die Katarer nicht. Man muss sich schon entscheiden zwischen dem Einsatz für Minderheitenrechte und Realpolitik: 'One Love' oder Energiesicherheit – beides zusammen ist schwer zu haben. Das Geschäft könnte daher auch ein Anlass zur Neuorientierung für die teilweise bigotte deutsche Außenpolitik sein. … Wenn Symbole und Maximalforderungen folgenlos bleiben, erkennen Diktatoren die hehren Worte deutscher Politiker als das, was sie oft sind: leeres Gerede, das getrost ignoriert werden kann.“
Doha hat alles richtig gemacht
Für Katar war 2022 ein äußerst erfolgreiches Jahr, analysiert NRC-Handelsblad-Kolumnist Luuk van Middelaar:
„Das Land hat seinen Namen für immer an den weltweit populärsten Sport gebunden und ist so wieder etwas sicherer. ... Zwischen den regionalen Mächten Saudi-Arabien und Iran kann Katar nicht ohne Beschützer sein. Fußballinvestitionen sind ein schneller Weg zu Glanz und mächtigen Freunden. ... Auch auf anderem Gebiet macht Katar ungestört gute Geschäfte. ... Vor vier Jahren kam die Fußballwelt in Russland zusammen. Hinterher konnten wir das die Gazprom-WM nennen. Dieses Jahr, mitten im Krieg gegen die Ukraine, spielen wir auf der LNG-WM.“