Portugal: Korruptionsvorwürfe gegen Costa fehlerhaft
Weil laut einer Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen möglicher Korruption gegen ihn drohte, war Portugals Premier António Costa vergangene Woche zurückgetreten. Nun kam heraus, dass die Staatsanwaltschaft bei mindestens einem abgehörten Telefonat einen schweren Fehler gemacht und António Costa mit Wirtschaftsminister António Costa Silva verwechselt hat. Die Presse stöhnt.
Gefundenes Fressen für Verschwörungserzähler
Das Auftreten der Staatsanwaltschaft spielt vor allem den Rechtspopulisten in die Karten, schreibt der Essayist Henrique Raposo in Expresso:
„Die Staatsanwaltschaft hat bei der Abhöraktion einen lächerlichen Fehler gemacht. ... Mit anderen Worten: Der Soundtrack zu all dem ist bizarr, eine Zirkusvorstellung. Aber das Lachen ist nur von kurzer Dauer, denn eines ist klar: Die Staatsanwaltschaft ist derzeit faktisch ein Verbündeter der [rechtspopulistischen] Chega-Partei, die auch eine Verschwörungstheorie über die Demokratie und die Wirtschaft pflegt, nach dem Motto: 'Sie sind alle Gauner'. ... Wer das nicht erkennt, hat nicht verstanden, was hier passiert.“
Schwerste politische Krise
Für die Publizistin Carmo Afonso in Público hat Portugals Demokratie einen schweren Schlag erlitten:
„Ein mit absoluter Mehrheit gewählter Premier ist wegen eines Absatzes [aus der Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft] zurückgetreten, der aus mindestens einem Fehler entstanden ist. ... Ich schreibe dies nicht, um António Costa zu verteidigen, sondern um das demokratische System zu verteidigen. ... Wir erleben die schwerste politische Krise in der Geschichte der Demokratie. Das allgemeine Misstrauen gegenüber der politischen Klasse scheint nun amtlich geworden zu sein. ... Die Frage ist: War das nötig? Was man über die Untersuchung weiß, ist noch sehr wenig, aber es lässt die größten Zweifel an der Nachhaltigkeit des Prozesses aufkommen.“
Der Wahlkampf wird hart
Politologe António Costa Pinto entwirft in El País einen Ausblick auf den nun trotz der Ungereimtheiten anstehenden Kampf um die Wählerstimmen:
„[Ex-Infrastrukturminister Pedro] Nuno Santos hat die sozialistische PS-Regierung vor fast zwei Jahren verlassen und würde mit den Parteien zu seiner Linken paktieren. ... Auf der rechten Seite wird die PSD versuchen, mit der populistischen radikalen Rechten [Chega] zu regieren. ... Die sozialistische Regierung hat in acht Jahren die Geldverschwendung beendet, die im letzten Jahrzehnt zum Staatsbankrott geführt hat. Nun wird die Rechte alles tun, um sie in die Opposition zu drängen. ... Die Wahlen werden hart. ... Die radikalen Linken und Rechten werden zwar kaum die beiden Volksparteien [PS und PSD] ablösen, aber es wird Konfrontationen geben.“