Teilbeitritte zu EU und Nato: Gute Idee?
Die Republik Moldau erwägt laut Präsidentin Maia Sandu einen "schrittweisen" EU-Beitritt - also zunächst ohne das abtrünnige, unter russischem Einfluss stehende Transnistrien. Auch der aktuelle deutsch-französische Bericht zu Erweiterung und Reform der EU diskutiert die Möglichkeit, umstrittene Territorien beim Beitritt auszuklammern. Vorschläge für Teilbeitritte zur Nato kursieren ebenfalls. Kommentatoren wägen ab.
Auch für Ukraine und Georgien denkbar
Politikanalyst Cristian Unteanu schreibt in Adevărul:
„Die Lösung ist absolut revolutionär: Der Europäische Rat soll der Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit der Republik Moldau in zwei Etappen zustimmen, zuerst sollen sie ohne Transnistrien beginnen. ... Ist das möglich? Falls ja, müssten die europäischen Führer entscheiden, ob es sich um eine einmalige Lösung handelt oder ob sie auch für die Ukraine und Georgien in Frage kommt. ... Der Rat kann theoretisch eine solche Lösung vorschlagen, doch werden die politischen Anführer der Ukraine und Georgien sie akzeptieren? Schwer zu glauben, denn Selenskyj hat sich hartnäckig gesträubt, irgendeinen Vorschlag in dieser Richtung zu machen. Wir werden sehen, welche Signale aus Georgien kommen.“
Wirkungsvoll gegen Erpressung
Revista 22 glaubt, dass EU-Teilbeitritte Erfolg haben könnten:
„Anders gesagt, kann die Ukraine ohne die Gebiete beitreten, die von der Russischen Föderation besetzt sind und die Republik Moldau ohne Transnistrien. So schmerzhaft das auch erscheinen mag, hat dieses Prinzip den Vorteil, dass es Erpressung durch nicht anerkannte oder externe Akteure unterbindet und den Druck umkehrt. Wir können uns schon jetzt ausmalen, was die Einwohner Transnistriens von einer prosperierenden Republik Moldau denken werden, deren Bürger frei innerhalb der EU reisen und arbeiten dürfen. … Transnistrien wird zu einem entvölkerten Gebiet, wo nur noch die Separatistenführung und ihre Familien, ihre Klientel und russische Rentner wohnen.“
Für die Nato nicht realistisch
Wären Teilbeitritte auch für die Nato möglich? Diese Idee hatte Ex-Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen vor rund einer Woche für die Ukraine vorgeschlagen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hält nichts davon:
„Zum einen liefe ein solcher Schritt auf einen direkten Kriegseintritt der Nato hinaus, weil das Bündnis ja versichert, es werde jeden Zentimeter seines Territoriums verteidigen. Putin müsste seine Truppen also nur an einem entlegenen Frontabschnitt wenige Meter vorrücken lassen und könnte so ohne großes Risiko die Standfestigkeit der Nato auf die Probe stellen. Man kann sich vorstellen, wie das ausginge. Außerdem wäre ein Teilbeitritt der Ukraine gleichbedeutend mit der De-facto-Anerkennung der russischen Eroberungen.“
Es geht um Sicherheiten für die Zukunft
Politologe Wolodymyr Fessenko findet auf seiner Facebook-Seite Rasmussens Vorstoß hingegen bedenkenswert:
„In der Ukraine hat man auf diese Idee überwiegend kritisch reagiert – sowohl im Büro des Präsidenten als auch in der Fachwelt. Die Kritiker Rasmussens sehen in seinen Vorschlägen entweder ein Plädoyer für das Einfrieren des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine oder die Idee eines 'Friedens im Austausch für Verzicht auf die besetzten Gebiete', was aber in Wirklichkeit nicht der Position Rasmussens entspricht. Seine Vorschläge sind kein Friedensplan. ... Es geht vielmehr um Schutz gegen einen weiteren Krieg, und Rasmussen betrachtet diesen Plan als Sicherheitsgarantie für die Ukraine für die nächste Zukunft.“