Ukraine: Was bringt der Türkei die Vermittlerrolle?
Dass die Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland in der Türkei stattfinden, liegt nahe: Das Land teilt sich mit beiden Staaten eine Grenze. Die Türkei ist Mitglied der Nato und unterstützte in Syrien und Bergkarabach Russlands Gegner, streitet sich wegen Gas, Zypern und Flüchtlingen aber auch regelmäßig mit der EU. Als Vermittlerin bekommt sie nun zusätzlich Gewicht - nicht unbedingt zur Freude der Kommentatoren.
Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte
Radio Kommersant FM sieht als Zwischenergebnis einen Gewinner der Istanbuler Verhandlungen:
„Es gibt eine enorme Stärkung der Position Erdoğans. Die Türkei zieht direkten Gewinn aus ihrer geografischen Lage zwischen Europa und Asien. ... Wo soll man sich schon treffen, wenn man mit dem Westen Ärger hat? ... Oder die Sache mit dem Gas: Die Türkei ist Transitland, dort kreuzen sich zahlreiche Pipelines. Bei wem muss man dann seinen Kotau machen? Bei Erdoğan. ... Seine Position ist einmalig: Er kann zugleich Verbündeter und Gegner sein. Er ist immer zu Zusammenarbeit und sogar Freundschaft bereit, aber zu seinen eigenen Bedingungen.“
Türkei löst Frankreich ab
Paris hat diplomatisch an Bedeutung verloren, klagt Contrepoints:
„Weder proatlantisch noch prorussisch, aber bemüht, als Brücke zu den verschiedenen Mächten zu fungieren, um die französischen Interessen zu verteidigen. … Diese Doktrin hat sich im vergangenen Jahrzehnt deutlich abgeschwächt, insbesondere unter Sarkozy. Er konnte in der Georgien-Krise 2008 eine Vermittlerrolle spielen. Doch ein nicht unerheblicher Teil des Staatsapparats sowie der französischen Medien hat sich allmählich den amerikanischen Positionen angeschlossen. Die öffentliche Meinung teilt sich nunmehr auf in Proatlantiker und prorussische Position. ... Für Europa ist es tragisch, dass in Sachen Diplomatie nunmehr ein illiberales Regime wie in der Türkei den Platz Frankreichs übernimmt.“