Was wird aus dem Literaturnobelpreis?
Die Schwedische Akademie, die den Nobelpreisträger für Literatur kürt, steckt in einer tiefen Krise: Im Zuge eines Korruptions- und Belästigungsskandals um den Ehemann von Mitglied Katarina Frostenson haben drei der eigentlich auf Lebenszeit berufenen 18 Mitglieder dem Gremium den Rücken gekehrt. Nicht nur schwedische Kommentatoren fragen sich, wie es nun weiter geht.
Schwedens Ruf wird besudelt
Upsala Nya Tidning fürchtet einen Prestigeverlust für den Nobelpreis und ganz Schweden:
„Der Skandal um die Schwedische Akademie wird mit jedem Tag größer. Im Mittelpunkt des Dramas steht Katarina Frostenson, verheiratet mit jemandem, dem sexuelle Belästigung vorgeworfen wird und mit dem sie gemeinsam eine Kultureinrichtung betreibt, die im Laufe der Jahre viel Geld von der Akademie bekommen hat. ... In dieser Situation wäre es nur angemessen, dass Frostenson im Sinne der Selbsterhaltung und aus Sorge um die Institution, die sie repräsentiert, ihren Platz frei macht. Doch offenbar beabsichtigt sie, auf ihrem Stuhl sitzen zu bleiben. ... Mit jedem Tag, den der Skandal andauert, wird der Ruf des Nobelpreises und letztlich auch Schwedens Ansehen als Nation besudelt.“
Konkurs der moralischen Großmacht
Jyllands-Posten kann sich beim Blick auf den Skandal im Nachbarland Häme nicht verkneifen:
„Unser schwedisches Brudervolk hat viele Qualitäten. ... Allerdings stellen sich die Schweden auch gern als moralische Großmacht dar, was oft böse endet. Wechselnde Regierungen predigen Frieden und Verständigung, haben aber nichts dagegen, in aller Stille Waffen zu exportieren. ... Lange warf man anderen, auch Dänemark, vor, zu wenige Asylbewerber aufzunehmen, bis man selbst die Grenzen dicht machte. ... Und nun ringt man also in der Schwedischen Akademie die Hände. ... Der Nobelpreis kann in Gefahr sein, auch wenn Per Wästberg, Vorsitzender des Preiskomitees, beteuert, einen Nobel-Konkurs werde es nicht geben. Ein moralischer Konkurs ist es auf jeden Fall.“
Akademie braucht internationale Ausrichtung
Die aktuelle Krise in der Schwedischen Akademie ist die Chance zu ihrer überfälligen Erneuerung, findet die Neue Zürcher Zeitung:
„Das Zerwürfnis im Kollegium und dessen Dezimierung machen lediglich ein tiefergehendes Problem manifest: Die Akademie hat sich in ihrer Provinzialität längst überlebt. Inzwischen schaltet sich auch der schwedische König Carl Gustaf in die Diskussion ein. Vielleicht braucht es indessen ein robusteres königliches Eingreifen. Soll die Institution nicht einfach als überflüssiges Relikt ihrer selbst fortbestehen, könnte der Monarch kraft seines Amtes den gordischen Knoten von Satzung und verfahrener Situation zerschlagen und die Akademie auf eine neue und - warum eigentlich nicht? - internationale Grundlage stellen.“