Trump schießt weiter gegen Demokratinnen
Trump hat erneut die vier demokratischen Abgeordneten attackiert, die er zuvor in Tweets angegriffen hatte. Seine Anhänger stimmten daraufhin einen Chor mit "Send her back"-Rufen gegen eine der vier an, die nicht in den USA geboren wurde. Das Repräsentantenhaus hatte die Angriffe verurteilt, doch nur vier Republikaner schlossen sich an. Dafür haben sie auch keinen Grund, meinen Kommentatoren.
Die Wahl des weißen Mannes
Der Angriff Trumps auf die vier demokratischen Abgeordneten ist der Vorbote eines rassistischen Wahlkampfs, glaubt der Historiker Massimo Teodori in Huffington Post Italia:
„Im Jahr 2016 wurde zum ersten Mal ein Kandidat gewählt, der als 'der weiße Präsident' von all jenen Bevölkerungsgruppen wahrgenommen wurde, für die Hautfarbe eine viel wichtigere Bedeutung hatte als jeder andere sozioökonomische Indikator. Aus diesem Grund wird Trump bei der Wahl 2020 auf das chauvinistische, rassistische und ethnozentrische Motiv zurückgreifen, um ein Abstimmungsergebnis der 'Weißen' zu erzielen, das das von 2016 massiv übersteigt. Der Angriff auf die vier Abgeordneten, der nur auf ihre nicht–amerikanische Herkunft abzielt, ist ein Vorgeschmack dessen, was wir in den kommenden Monaten zu erwarten haben.“
Seine Anhänger werden ihm noch mehr glauben
Trump kann von dem Streit nur profitieren, meint Delo:
„Er glaubt, dass die meisten Wähler die Entwicklung der USA in eine extrem linke Richtung, wie sie seiner Ansicht nach von den vier Abgeordneten vertreten wird, nicht gutheißen. Er ist zudem der Meinung, dass sie 'Kommunismus, Antisemitismus und das anti-amerikanische Gehabe' auf die gesamte Demokratische Partei ausbreiten werden. Und dass die Wähler daher seinen Beteuerungen, es sei den Amerikanern noch nie so gut gegangen, wie in der Zeit seines Mandats, noch mehr Gehör schenken werden. Damit stärkt Trump seine Position vor der Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr - vielleicht aber auch vor neuen Kämpfen auf politischer und persönlicher Ebene.“
Das darf nicht zur Norm werden
Die 'Send her back'-Rufe seiner Anhänger sind Teil einer mörderischen Strategie, findet De Morgen:
„Trump und seine Republikanische Partei, die das kaum oder nur halbherzig verurteilt, spielen ein gefährliches Spiel. Indem er die Masse aufhetzt gegen Minderheiten, droht er neue Munition für Hass-Verbrechen zu liefern, die unter seiner Präsidentschaft bereits stark zugenommen haben. ... Die Amerikaner gewöhnen sich daran und wir auch. Aber wie dürfen das niemals normal finden. Das darf nicht die Norm werden in einer Demokratie, die 'Life, Liberty and the Pursuit of Happiness' als Leitmotiv ihrer Unabhängigkeitserklärung wählte.“
Demokraten brauchen anderes Narrativ
Bloße Empörung über US-Präsident Trump wird den Demokraten nicht helfen, fürchtet Kristeligt Dagblad:
„Selbst wenn die Demokraten jetzt spontan Sympathien mit ihrer üblichen Verärgerung über Trump sammeln können, stehen sie doch einem tiefergehenden Problem gegenüber, das Trump sehr wohl bewusst ist. Die Demokraten verstehen es nicht, positiv über die USA zu reden. ... Sie können auf Trump, seine Mauer, seine Taten und sein Wesen eindreschen. Doch sie sind ausgesprochen schlecht darin, zu sagen, was sie mit den USA anfangen wollen. Was bieten sie dem US-amerikanischen Arbeiter? Welche Rolle sollen die USA in der Welt spielen? Es ist kein Zufall, dass Trumps Ausfall gegen die demokratischen Abgeordneten sich genau mit deren Haltung, schlecht über die USA zu reden, beschäftigt.“
Sexistische Einschüchterung
Eine neue Studie des Institute for Strategic Dialogue und der BBC zeigt, dass Kritik in den sozialen Netzwerken oft sexistisch ist. Upsala Nya Tidning fordert eine Reaktion der Gesellschaft:
„Auf Twitter fordert Trump einige demokratische Kongressmitglieder auf, nach Kritik an der Regierung 'in ihre Heimat zurückzugehen'. Der Präsident antwortet auf ein politisches Thema - Kritik an der Regierung - mit einem persönlichen Angriff, der gleichermaßen sexistisch und rassistisch ist. Damit nimmt er den Politikerinnen die Möglichkeit, sachlich auf Kritik zu reagieren. ... Die Gesellschaft muss diejenigen klar benennen, die solchen Hass verbreiten, und die Betroffenen unterstützen. Nur so können Politikerinnen und Politiker in einem sicheren Umfeld und zu denselben Spielregeln arbeiten.“
Der Hassprediger im Weißen Haus
US-Präsident Trump offenbart ein autokratisches Demokratieverständnis, so Die Presse:
„Man muss nicht mit dem 'Squad' übereinstimmen, wie sich die dezidiert linksliberale Gruppe um Ocasio-Cortez nennt, nicht mit dem blauäugig-visionären 'Green Deal' und schon gar nicht mit der Kritik an Israel und der Israel-Lobby. Sie stellt auch die Demokraten um ihre Kongressführerin Nancy Pelosi vor eine Geduldsprobe. Dass das Wesen der Demokratie im Dialog besteht und darin, Kritik zu äußern und eine Gegenmeinung zuzulassen, ohne umgehend in plumpe Gegenattacken zu verfallen, ist Pelosi in Fleisch und Blut übergegangen. Im Gegensatz zum Impuls- und Instinktpolitiker Trump, der das Demokratieverständnis eines Autokraten hegt. Kritiker macht er am liebsten mundtot oder denunziert sie als Vaterlandsverräter.“
Je mehr Eskalation, desto besser
Trumps Strategie nimmt keinerlei Rücksicht auf Verluste, erklärt Der Standard:
„Den Präsidenten ficht es ... nicht an, dass die meisten der von ihm jüngst als fremd punzierten Demokratinnen in den USA geboren sind. Und ob die großspurig angekündigten Massendeportationen nun stattfinden oder nicht: egal. An der Lösung der Probleme, die illegale Einwanderung mit sich bringt, ist Trump ohnehin nicht interessiert - im Gegenteil. Je mehr Eskalation, je mehr Angst, desto besser. Die Amerikaner werden sich noch wundern, was im Wahlkampf 2020 alles geht. Und wir uns mit ihnen.“
Das ist echter Rassismus
Die Tiraden Trumps lediglich als Teil einer kalkulierten Strategie zu beschreiben, ist verharmlosend, warnt Irish Examiner:
„Falls es jemals Zweifel daran gab, dass der Präsident wirklich ein Rassist und ein Fanatiker ist, sind diese durch seine an 'The Squad' [Beiname für die vier attackierten Abgeordneten] gerichteten Tweets vom Sonntag endgültig beseitigt. ... Die Tweets erinnern daran, dass sich der Präsident entschieden hat, das Land zu teilen und auszubeuten statt zu führen. Die nützliche Lehre, die sich daraus ziehen lässt: Trump und seine engagiertesten Unterstützer haben jegliche Trostpflaster abgerissen, die uns einen beruhigenden Fortschritt in Sachen Bürgerrechte und Rassismus in diesem Land suggerierten.“
Kampf gegen die eigenen Makel
Dass der US-Präsident selbst von Einwanderern abstammt, ruft La Vanguardia in Erinnerung:
„Das Paradoxe an der Sache ist, dass Trumps Mutter mit 50 Dollar aus Schottland floh, um sich in New York ein neues Leben aufzubauen. Und sein Großvater väterlicherseits war ein Deutscher, der mit 16 Jahren auswanderte, um sich den Goldrausch zunutze zu machen und schließlich eine Bordellkette in Alaska aufzubauen. Ganz zu schweigen von seiner Frau Melania, die Slowenin ist. Trumps Welt ist ein Universum voller Migranten. Vielleicht verfolgt er sie deshalb so brutal, weil sie ihn an seine eigenen Wurzeln erinnern, die sein Sieger-Image beeinträchtigen. Wie ein Makel in seinem Lebenslauf.“
Niederlage für demokratische Kultur
Trumps Aussagen markieren eine Zeitenwende, betont La Repubblica:
„Es ist erstaunlich, zur Kenntnis nehmen zu müssen, dass der demokratisch gewählte Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika faschistische Denkkategorien anwenden kann. Schlimmer noch, dass er gewählt wurde, weil er faschistische und rassistische Dinge sagt. ... Die Wahl dieses Herrn ins Weiße Haus ist ein Point of no Return. Sie bedeutet die Niederlage der westlichen demokratischen Kultur. Die Niederlage eines Wortschatzes, einer Gedankenwelt und bestimmter Arten, sich zu verhalten, zu diskutieren und sogar einander zu hassen. Dass die demokratische Kultur mit ihrer Wirtschaftspolitik, ihren Entscheidungen und ihrer Heuchelei daran eine Mitschuld trägt, steht außer Frage. Das ändert aber nichts an der Substanz des Problems.“