Spanien: Digitalisierung, Diversifizierung, Politisierung

Während traditionelle Leitmedien kriseln, ist digital eine neue Medienvielfalt entstanden, in der sich die polarisierte Medienlandschaft spiegelt.

Zeitungsstand in Madrid. (© picture alliance / AA / Burak Akbulut)
Zeitungsstand in Madrid. (© picture alliance / AA / Burak Akbulut)
Die Wirtschaftskrise von 2008, die Pandemie, die Digitalisierung sowie die sozialen Netzwerke als Informationsquellen haben Spaniens Medienlandschaft tiefgreifend verändert. Leitmedien wie El Mundo oder El País brachen die Werbeeinnahmen weg, viele Redakteure wurden entlassen. Die Zahl der reinen Onlinemedien ist in den vergangenen 15 Jahren gewachsen. Zugleich konsumieren immer weniger Spanier Medien. Die Werbeeinnahmen sinken weiter, 2021 um knapp 18 Prozent.

Mehrere bei anderen Medien entlassene Journalisten haben neue Onlinemedien gegründet (zum Beispiel ctxt.es, El Español oder Info Libre), die von Madrid aus überregional berichten, teils mit markantem Profil und klarer Positionierung. Regionale und lokale Onlinemedien finden im dünn besiedelten Landesinneren Leser. Viele erscheinen im Eigenverlag und setzen auf eine Mischfinanzierung durch Werbung, Abos und Spenden.

Diese Diversifizierung entspricht den parteipolitischen Veränderungen der letzten Jahre. Neben den beiden Volksparteien PP und PSOE bestimmen auch Parteien am linken Rand (Podemos, Sumar) und am rechten Rand (Vox) das Geschehen mit. Die rechtsextreme Vox steht den Medien kritisch gegenüber, sie setzt auf Kommunikation über soziale Netzwerke. Ihr wachsender politischer Einfluss lässt eine Polarisierung in der Medienlandschaft erkennen. Vor allem die Akteure am linken Rand (Público, eldiario.es, ctxt.es), aber auch linksliberale Medien (El País, El Periódico de Catalunya) kritisieren Vox heftig für Angriffe auf demokratische Rechte und Freiheiten. Konservative Blätter (ABC, El Mundo, La Razón) nähern sich Vox eher an.

Bei den großen Verlagen und Sendern nimmt die Konzentration weiter zu, allerdings mit einer Tendenz zur Internationalisierung. Großen Einfluss haben die MFE-Gruppe der Berlusconi-Familie (TV-Sender Cuatro und Telecinco), Grupo Godó (La Vanguardia), Grupo Planeta (La Razón), Prisa (El País, Cinco Días, Cadena Ser), Unidad Editorial/RCS aus Italien (El Mundo, Expansión), Henneo (20 Minutos), Prensa Ibérica (El Periódico de Catalunya, El Periódico de España) oder Atresmedia/Bertelsmann (LaSexta, Antena 3).

Noch ist Spanien, was den Medienkonsum betrifft, eine Fernsehnation. Mehr als 80 Prozent nutzen das Medium täglich, das Internet liegt knapp dahinter. Radio ist das ihnen drittliebste Medium, nur noch 42 Prozent der Bevölkerung liest regelmäßig Zeitung.

Das Verhältnis der Spanier zu den Medien wandelt sich. Nur noch 33 Prozent trauen den Nachrichten (2018: 44 Prozent), 52 Prozent zeigen Interesse an der Aktualität (2018: 83 Prozent). Misstrauen und Desinteresse führen zu einem Anstieg der Gruppe der Nichtinformierten: 2023 konsumierten 37 Prozent der Spanier überhaupt keine Nachrichten.


Rangliste der Pressefreiheit (Reporter ohne Grenzen):
Rang 36 (2023).

Stand: August 2023
Zur Mediensuche

Medien aus Spanien bei euro|topics

Zur Mediensuche