Spanien: Im Alarmzustand

Die Covid-19-Pandemie und ihre wirtschaftlichen Folgen bedrohen die spanischen Medien 2020 in ihrer Existenz. Schon in den Jahren zuvor gingen die Auflagen der gedruckten Presse aber massiv zurück. Durch den Stillstand der Wirtschaft während der Corona-Ausgangssperre fiel zudem ein bedeutender Anteil der Werbeeinnahmen weg.

Während der Corona-Ausgangssperre verkauften Kioske kaum Zeitungen und deren Werbeeinnahmen brachen um bis zu 80 Prozent ein.
Während der Corona-Ausgangssperre verkauften Kioske kaum Zeitungen und deren Werbeeinnahmen brachen um bis zu 80 Prozent ein.
Nach der Wirtschaftskrise ab 2008 entließen die Verlage einen großen Teil der Belegschaft. Die verbleibenden Mitarbeiter müssen seither den durch die wegfallenden Anzeigen größeren Platz füllen, was nicht selten auf Kosten der journalistischen Qualität geschieht. Die oft hohen Schulden bei Banken und Großunternehmen stellen die Unabhängigkeit der Medien in Frage.

Die ohnehin hohe Medienkonzentration nimmt weiter zu. 2010 fusionierten die TV-Sender Cuatro und Telecinco, 2012 La Sexta und Antena 3. 2019 schluckte Prensa Ibérica die angesehene Tageszeitung El Periódico de Catalunya.

Die Coronavirus-Krise bedroht die ohnehin wirtschaftlich geschwächten Medienkonzerne in ihrer Existenz. Während der Ausgangssperre ab März 2020 verkauften Kioske kaum Zeitungen. Durch die geschlossenen Cafés, in denen sonst viele Spanier ihre Nachrichten lesen, schrumpfte die Reichweite der Printmedien. Aufgrund schließender Geschäfte und der zu erwartenden Wirtschaftskrise sanken die Werbeeinkünfte zeitweilig um bis zu 80 Prozent.

Alle bedeutenden Verlagsgruppen - Prisa (El País, Cinco Días), Unidad Editorial (El Mundo, Expansión, Marca), Vocento (ABC, El Correo), Godó (La Vanguardia) und Prensa Ibérica (El Periódico de Catalunya) – reduzierten im April 2020 die Arbeitszeiten und Gehälter ihrer Belegschaften für mehrere Monate um bis zu 50 Prozent.

Was die politische Ausrichtung betrifft, befindet sich die spanische Medienlandschaft ebenfalls im Umbruch. Das traditionelle Zweiparteiensystems aus konservativer Volkspartei (Partido Popular, PP) und Sozialisten (PSOE) wurde aufgebrochen durch die 2014 gegründete und seit 2019 mitregierende Linkspartei Unidas Podemos (UP) sowie durch die mittlerweile an Regionalregierungen beteiligten Liberalen (Ciudadanos). Diese Entwicklung fächert auch die Medien neu auf. Die konservative Regionalregierungen stützende rechtsextreme Partei Vox steht den spanischen Mediengruppen gegenüber auf Kriegsfuß und setzt auf Kommunikation über soziale Netzwerke.

Konservative Blätter (ABC, El Mundo, La Razón) propagieren weiter die starke Stellung des Königshauses, der katholischen Kirche und des Zentralstaats. Linksliberale Medien (El País, El Periódico de Catalunya) stehen für einen liberalen und laizistischen Staat. Am linken Rand entstehen neue Akteure (Público, eldiario.es, La Marea, ctxt.es), die schonungslos verkrustete Strukturen, Skandale im Königshaus und Parteienfilz anprangern.

Im Herbst 2017 positionierten sich alle großen Medien - einschließlich der katalanischen Blätter La Vanguardia und El Periódico de Catalunya - eindeutig gegen eine Abspaltung Kataloniens. Den nicht geringen Anteil der pro-separatistischen Leserschaft überließ man kleinen Zeitungen wie Ara und El Punt Avui. Ara war in den folgenden Monaten die einzige spanische Tageszeitung, die sich dem allgemeinen Trend sinkender Auflagen widersetzte: Der Verkauf stieg um rund 11 Prozent.

Rangliste der Pressefreiheit (Reporter ohne Grenzen): Platz 29 (2020)

Stand: April 2020

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