Iren feiern 100 Jahre Osteraufstand
Am Ostermontag 1916 begannen irische Separatisten mit einem Aufstand, um sich vom Vereinigten Königreich loszulösen. Die Revolte wurde blutig niedergeschlagen, doch die Unabhängigkeit der Insel war nicht mehr aufzuhalten. In Dublin feierten am Sonntag Hunderttausende das Ereignis. Wie sieht es heute mit dem britisch-irischen Verhältnis aus?
Irland ist als Nation gereift
Die Veranstaltungen zum Jubiläum des Osteraufstands zeugen davon, dass die Iren ein gesundes und differenziertes Verhältnis zur eigenen Geschichte entwickelt haben, lobt die konservative Tageszeitung The Irish Independent:
„Die hunderttausenden Teilnehmer an den Jubiläumsveranstaltungen haben sich sicher nicht den Kopf über große moralische Fragen zu den Ereignissen vor hundert Jahren zerbrochen. Es gab kein Prahlen mit Blutopfern, ganz und gar nicht. Doch genauso wenig gab es unter den Menschen viel Verständnis dafür, dass einige die damaligen Kämpfer banal und grob vereinfachend als 'Terroristen' abgestempelt haben. Stattdessen akzeptierten die Menschen die Realität des Aufstands und dass unser unabhängiger Staat damals erdacht, wenn schon nicht geboren wurde. ... Für eine Nation und einen Staat, der mit seinem Selbstbild und seiner Identität jahrzehntelang große Probleme hatte, hatte das etwas außergewöhnlich Befreiendes.“
Briten schulden Iren eine Entschuldigung
Die brutale Niederschlagung des Osteraufstands durch die britischen Besatzer war ein schwerer Fehler mit weitreichenden Folgen für die Beziehung zwischen beiden Völkern, klagt die konservative Tageszeitung The Daily Telegraph:
„Das Schlimme daran ist, dass unsere beiden Länder durch kulturelle, sprachliche, geschichtliche und vor allem familiäre Bande eng miteinander verflochten sind. Es hat beiden Seiten sehr geschadet, dass wir den größten Teil des 20. Jahrhunderts in tiefer Entfremdung voneinander verbracht haben, obwohl es doch offensichtlich ist, wie viel Briten und Iren gemeinsam haben. Nichts ist verachtenswerter als Politiker, die ihre Beliebtheitswerte zu erhöhen versuchen, indem sie sich für Unrecht entschuldigen, das von vergangenen Generationen verursacht wurde. Doch was die Briten den Iren angetan haben und die Folgen davon, verlangt nach einen Entschuldigung. Das 100-jährige Jubiläum des Osteraufstands ist der richtige Zeitpunkt dafür.“
Aus Feinden sind enge Verbündete geworden
Da Iren und Briten ihre alte Feindschaft längst begraben haben, ist eine Entschuldigung nicht notwendig, meint hingegen die konservative Tageszeitung The Irish Independent:
„Man konnte [im Zuge der Feierlichkeiten] nicht wirklich den Eindruck gewinnen, dass die Iren eine erzwungene Entschuldigung für die Hinrichtung jener Männer wünschen, die später Märtyrer wurden. ... Wir leben in einer Zeit, in der wir stolz darauf sind, von Großbritannien getrennt, aber gleichzeitig dessen engster Verbündeter in vielen europäischen und internationalen Fragen zu sein. Vielleicht werden britische Schulen in einigen Jahren ihre Kinder ebenfalls die Geschichte des Osteraufstands lehren. Wäre diese Anerkennung unserer gemeinsamen Geschichte nicht viel besser als eine Entschuldigung? Wir haben unsere Unabhängigkeit. In Nordirland herrscht Frieden, und es gibt einen Fahrplan für eine bessere Zukunft. Wir haben es weit gebracht.“