Mumbai versinkt - und alle reden über Houston?
Europas Medien sind voll von Berichten über die US-Hochwasserkatastrophe in Texas und Louisiana. Über die weitaus schwereren Überschwemmungen in Südasien, die in Indien, Nepal und Bangladesch seit Juni bereits über 1.500 Menschenleben kosteten, wird vergleichsweise wenig berichtet. In ihrer Medienkritik fragen Kommentatoren, was das über Europas Werte aussagt.
Ein wenig mehr Balance täte gut
Die Süddeutsche Zeitung empfindet die unausgewogene Berichterstattung westlicher Medien verstörend:
„Vielleicht sind die Europäer noch immer nicht frei von postkolonialer Überheblichkeit, vielleicht haben sie noch rassistische Vorstellungen, ohne sich das einzugestehen. Denn zynisch gesprochen ist es doch so: Es müssen erst Hunderte Bauern in Bangladesch ertrinken, bevor ihnen ähnliche Aufmerksamkeit zukommt wie einem einzigen Opfer in der westlichen Welt. ... Sicherlich, es wird niemals gelingen, für alle Opfer dieser Welt Aufmerksamkeit aufzubringen. Aber ein wenig mehr Balance täte gut. Es wäre ein Zeichen, dass die reiche Welt des Westens die Menschenwürde für universell und unteilbar hält.“
Alles andere als normal
Auch Helsingin Sanomat findet, dass die westliche Berichterstattung im Vergleich ein völlig falsches Bild vermittelt:
„In Indien gab es keinen Orkan, sondern den jährlichen Monsun. Er war dieses Jahr allerdings der heftigste Monsun seit Jahrzehnten. … Die Überschwemmungen in Indien zu verschweigen, weckt den Eindruck, dass das Leid und Überschwemmungen normal seien. Das sind sie nicht. Und die menschliche Not ist dieselbe in Mumbai und Houston. Beide Katastrophen ereigneten sich in einer Welt, die sich auf die Folgen des Klimawandels einstellt und diese anhand der ungewöhnlichen Wetterlage bewertet. Sie sind Teil einer Geschichte.“