Muss die EU den Druck auf Warschau erhöhen?
Das EU-Parlament hat Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit Polens und überträgt es dem Innenausschuss zu prüfen, ob ein Rechtsstaatsverfahren eingeleitet werden sollte. Bedenken bereiten insbesondere die Justizreformen. Für einige Kommentatoren ist dies eine hysterisch geführte Debatte, andere wollen nicht länger auf ein Durchgreifen gegenüber Warschau warten.
In Polen ist alles gar nicht so schlimm
Die Situation in Polen wird von der internationalen Presse aufgebauscht, findet Tomasz Krzyżak und schildert in Rzeczpospolita seine Begegnungen mit anderen Journalisten in Brüssel:
„Sie überschütten mich mit Fragen darüber, wie es dort ist, denn schließlich bin ich von dort. Meine Erklärung, dass nichts Besonderes passiert, dass [PiS-Chef] Jarosław Kaczyński keine Diktatur errichtet (zumindest bisher nicht), dass die Opposition das Recht hat, zu demonstrieren und dass niemand im Gefängnis landet, verstehen nur wenige. ... Perfekt konnte man das während der Debatte über die Rechtsstaatlichkeit beobachten. So viele Mythen darüber, was in Polen vor sich geht, habe ich lange nicht gehört. ... Und wenn ich frage, warum Malta und Spanien anders behandelt werden und ob dort wirklich alles in Ordnung ist, antwortet man mir mit Schweigen.“
Die EU prüft und prüft und prüft
Wann wird die EU endlich wirklich aktiv gegen die Regierung in Warschau?, fragt Eric Bonse, EU-Korrespondent der taz:
„Statt sofort ein Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags einzuleiten, der zum Entzug des Stimmrechts führen kann, haben sie eine erneute Prüfung eingeleitet. Man fasst sich an den Kopf. Denn was, bitte schön, soll denn aus dieser Überprüfung hervorgehen? Dass es in Polen schwere Verletzungen der europäischen Grundwerte gibt, hat bereits die EU-Kommission herausgefunden. Nein, die Europaabgeordneten drücken sich, genau wie Kommission und Ministerrat. Die EU entpuppt sich am Beispiel Polen als zahnloser Tiger, der so lange prüft und zögert, bis vollendete Tatsachen geschaffen werden.“
PiS hat keine Argumente gegen Kritiker
Einige EU-Abgeordnete der polnischen Oppositionspartei PO haben für die Resolution des Europaparlaments gestimmt. PiS-Fraktionsvorsitzender Terlecki schlug ihnen vor, bei der nächsten Wahl in Deutschland oder Belgien zu kandidieren. Polityka ist empört:
„Es entsteht der Eindruck, dass die Regierung von Beata Szydło keine Argumente hat im Streit um Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in Polen. Es bleiben ihr also nur Unterstellungen, Spott und Angriffe. ... Es ist nicht die Aufgabe von Würdenträgern der Regierungspartei, vorzuschlagen, auf welchen Listen und in welchem Land die Europaabgeordneten der Opposition in den nächsten Wahlkampf starten sollten. Solche Äußerungen reihen sich ein in die schreckliche Tradition des Ausschlusses von einer Debatte oder sogar des Entzugs der Staatsbürgerschaft für jene, die die aktuelle Regierung für Feinde und Verräter hält, nur weil sie Kritik an ihr üben.“