EU-Urheberrechtsreform: Freies Internet in Gefahr?
Nutzer, die urheberrechtlich geschützte Inhalte im Internet hochladen wollen, könnten künftig an einem Upload-Filter scheitern. Der Rechtsausschuss des EU-Parlaments votierte vergangene Woche für die Reform des Urheberrechts und damit unter anderem für diese Maßnahme. Weiterer umstrittener Punkt ist das Leistungsschutzrecht. Anfang Juli stimmt das EU-Parlament ab. Kommentatoren sehen die Reform überwiegend kritisch.
Qualität der Presse wird leiden
Das geplante Leistungsschutzrecht sieht vor, dass Firmen wie Google und Facebook Geld für geteilte Inhalte an Medienhäuser zahlen. Damit verkommt die Presse zu reinen Zulieferern für diese Plattformen, warnt Pierre Bentata vom Wirtschaftsinstitut Molinari in Contrepoints:
„Die Presseverlage, die eine solche Zahlung erhalten, haben dann keinerlei Anreiz mehr, Leser direkt auf ihre eigenen Webseiten zu locken. Die beste Überlebensstrategie beruht dann nicht mehr auf Innovation und Modernisierung, um Leser und Neuabonnenten zu gewinnen, sondern darauf, Inhalte direkt für die Plattformen herzustellen. ... Eine andere Konsequenz ist, dass die Presse vor allem darauf aus sein wird, Inhalte zu erstellen, die auf den Plattformen möglichst oft geteilt werden, und nicht länger inhaltlich relevantesten Beiträge!“
Guten Journalismus gibt es nicht gratis
Denjenigen, die für kostenlose Inhalte im Netz plädieren, hält La Repubblica entgegen:
„An die gefährlichsten Orte der Welt zu reisen, über einen Krieg oder eine politische Krise zu berichten, kostet und ist gefährlich. ... Die kostenlose Verbreitung von Informationen hat kleinere Zeitungen getötet, den Pluralismus eingeschränkt und den sozialen Netzwerken unendliche Macht verliehen. ... Doch hinter Facebook stehen Ingenieure, Marketingexperten und intelligente Maschinen. ... Hinter einer Zeitung stehen Profis, die zwar nicht unfehlbar sind, die aber versuchen, ihrer Arbeit einen politischen Sinn zu geben und die Welt zu interpretieren. ... Es ist an der Zeit, das Problem zu lösen, doch es darf nicht vergessen werden: Was wäre die Welt ohne Zeitungen? Die öffentliche Meinung ist kein Algorithmus.“
Europas Wettbewerbsfähigkeit wird erstickt
Kein gutes Haar an der geplanten Reform lässt der Aktivist für Informationsfreiheit, Märt Põder, in Äripäev:
„Statt die Wettbewerbsfähigkeit mit Vereinheitlichung und Vereinfachung des Urheberrechts anzukurbeln, scheint das Leitmotiv der Richtlinie zu sein, die veralteten Geschäftsmodelle der Medienunternehmen kurzsichtig mit einer 'Link-Steuer' zu subventionieren und einen Upload-Filter-Markt für US-Konzerne zu schaffen, die im eigenen Land die Freiheit von solchen Begrenzungen genießen. ... Es ist unbegreiflich, warum Estland, das sich als Pfadfinder der Digitalisierung versteht, sich nicht für die Interessen der eigenen Hochschulen und Unternehmen einsetzt und stattdessen zum Ersticken der Wettbewerbsfähigkeit Europas beiträgt.“