Sollen Staaten Bürger zu Engagement verpflichten?
In Deutschland ist nach Forderungen aus den Reihen der CDU die Debatte um eine Wiedereinführung der Wehrpflicht oder eines sozialen Pflichtdienstes für Männer und Frauen neu entfacht. In Frankreich gibt es ab dem Herbst einen nationalen Dienst von einem Monat. Kommentatoren glauben, dass eine Verpflichtung zum Engagement die Gesellschaft voranbringt.
Wichtige Schule fürs Leben
Ein Pflichtdienst hat nicht nur einen Nutzen für den Staat, sondern auch positive Auswirkungen für die Persönlichkeitsentwicklung derjenigen, die diesen Dienst leisten, ist die Tageszeitung Die Welt überzeugt:
„Arbeit im sozialen Bereich hält wertvolle Lehren bereit, die jungen Menschen sehr lange von Nutzen sind. Generationen von Zivildienstleistenden wie der Verfasser dieses Textes haben enorm von diesen Lektionen profitiert, sei es, indem Demut und Mitgefühl und das befriedigende Gefühl von Hilfe erfahren wurden, oder sei es, dass der Ansporn für weitere Ausbildungen entstanden ist. Nicht zuletzt wächst bei einem sozialen Engagement neben Selbsterkenntnissen stets etwas, was altmodisch die sittliche Reife genannt wird. Keine schlechte Sache.“
In der Kaserne sitzen ist Zeitverschwendung
Mehr Verantwortungsbewusstsein in der Gesellschaft wünscht sich auch De Standaard, zweifelt jedoch, ob er in der Wehrpflicht zu finden ist:
„Der Wehrdienst wird als eine Art von Bürgerengagement gegenüber der Nation gesehen. Und einen Mangel an Bürgerengagement fühlt man überall in Europa. ... Die Beziehung zwischen dem Nationalstaat und seinen Bürgern ist zu berechnend geworden. Der Bürger positioniert sich gegenüber dem Staat wie ein Verbraucher. ... Doch Bürger einer Nation sein ist eine Verantwortung. Die muss einem zugewiesen werden. Die Vorstellung, dass dafür jeder zur Armee muss, ist längst Vergangenheit. Schuhe putzen in einer Kaserne ist dumme Zeitverschwendung. Aber die Diskussion darüber, wie wir Bürger uns mehr engagieren können, muss geführt werden.“