"Europäische Patrioten" warnen vor dem Untergang
30 Intellektuelle und Schriftsteller aus ganz Europa haben sich in einem Appell an die Öffentlichkeit gewandt, in dem sie zum Widerstand gegen Populisten aufrufen, die die EU abschaffen wollen. Die Europawahl drohe zu einem Horrorszenario zu werden, wenn sich keine Mehrheit dagegen stelle. Wir stellen einen Auszug aus dem Manifest vor und spiegeln die Diskussion, die es ausgelöst hat.
Brandstifter dürfen nicht Oberhand gewinnen
Der Aufruf des Philosophen Bernard-Henri Lévy wurde unter anderem in La Repubblica veröffentlicht:
„Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wenn die Ressentiments, der Hass und dessen traurige Auswüchse sich überall ausbreiten. Und wir müssen dringend Alarm schlagen gegen die Brandstifter, die von Paris bis Rom über Dresden, Barcelona, Budapest, Wien oder Warschau mit dem Feuer unserer Freiheiten spielen. Denn das ist, was zur Zeit gespielt wird: der Versuch, angesichts dieses neuen seltsamen europäischen Versagens, dieser hartnäckigen Krise des europäischen Bewusstseins, die liberale Demokratie und ihre Werte zu dekonstruieren und infrage zu stellen und damit alles rückgängig zu machen, worauf wir - erstmalig seit den 1930er-Jahren - in Europa mit Recht stolz sein dürfen, dem wir unseren Wohlstand verdanken und das uns zur Ehre gereicht.“
Soziale Frage ist wichtigstes Thema
Laurent Joffrin, Chefredakteur von Libération, hofft, dass das Manifest wachrüttelt:
„Der Text ist eine Kampfansage: Die Zeiten der Defensive sind vorbei. Diejenigen, die an eine Zukunftsgesellschaft, an die Tugenden der Freiheit, an die Vorteile von Zusammenarbeit und Austausch glauben, müssen endlich ihren Mut und Willen an den Tag legen. Als erstes beim entscheidendsten Thema: der sozialen Frage, dem Schwachpunkt des Wirtschaftsliberalismus, der die Politik der EU seit langem beherrscht und den Graben zwischen Führungsschicht und Bevölkerung ständig weiter vertieft. Europa ist solider, als man glaubt, vor allem, wenn man den Sumpf anschaut, in den die Brexiters Großbritannien geworfen haben. Europa ist aber oft ambitionslos und enttäuschend, es vergisst, dass es den Völkern als Schutzunion präsentiert wurde. Europa kann, es muss wieder ein Ideal werden.“
Auch Liberale können patriotisch sein
Ein Begriff in dem Manifest lässt Suomenmaa besonders aufmerken:
„Beachtenswert ist, dass die Unterzeichner sich 'europäische Patrioten' nennen, von denen es mehr gibt, als gemeinhin angenommen wird. Sie sind nur viel zu oft still. 'Patriot' zu sein, ist demnach nicht nur national gesonnenen Menschen vorbehalten. 'Patrioten' können auch Liberale und Demokraten sein - und vielleicht gerade sie. Jedenfalls ist ein 'Patriot', der glaubt, besser als andere zu sein und dies mit seiner Nationalität begründet, nur ein Opfer des Populismus und des Totalitarismus.“