Türkei: Atalay verliert Immunität als Abgeordneter
Der türkische Menschenrechtler Can Atalay wurde 2022 wegen seiner Rolle bei den regierungskritischen Gezi-Protesten zu 18 Jahren Haft verurteilt. 2023 wurde er für die Oppositionspartei TIP ins Parlament gewählt. Nach einem Rechtsstreit zwischen Verfassungs- und Berufungsgericht wurde das Urteil nun rechtskräftig. Das Parlament entzog ihm Mandat und Immunität. Die Entscheidung wurde unter Buhrufen der Opposition im Parlament verlesen.
Nicht der Erste und nicht der Letzte
Die Immunität von oppositionellen Abgeordneten ist in der Türkei einer dauerhaften Gefahr ausgesetzt, kommentiert Birgün:
„Es ist nicht das erste Mal, dass sich das türkische Parlament in einer solchen Situation befindet. ... Schon früher wurde die Immunität von Abgeordneten aufgehoben, ihre Mandate wurden entzogen, einige von ihnen kehrten zurück, andere sitzen noch im Gefängnis und viele mussten das Land verlassen. Der Vorhang wurde mit Can Atalay vorübergehend geschlossen, bis neue Abgeordnete hinzukommen, deren gemeinsames Merkmal die Opposition zur AKP-Regierung ist.“
Gewaltenteilung komplett aufgehoben
Das Prinzip Rechtsstaatlichkeit gibt es in der Türkei nicht mehr, wettert Yetkin Report:
„Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in der Türkei Politiker an die Macht gekommen sind, die strategische Institutionen der Justiz übernommen haben, indem sie ihre eigenen Anhänger in diesen Institutionen einsetzten. ... So haben sie genügend Macht und Mittel erlangt, sodass sie offen gegen die Verfassung verstoßen können und für die Justiz unantastbar sind. Dies macht die Türkei zu einem Land, das im wahrsten Sinne kein Rechtsstaat mehr ist, sondern ein Land, in dem die Staatsmacht durch geheime Verhandlungen hinter verschlossenen Türen unter verschiedenen Machtzentren aufgeteilt wird.“