Nato-Vorsitz: Tritt Iohannis gegen Rutte an?
Am Donnerstag hatten sich die USA, Deutschland, Großbritannien und Frankreich für den scheidenden niederländischen Premier Rutte als Nachfolger von Nato-Generalsekretär Stoltenberg ausgesprochen: scheinbar eine Vorentscheidung. Doch dann kursierten plötzlich Medienberichte, auch Rumäniens Präsident Klaus Iohannis wolle antreten – unterstützt von Bulgarien, Ungarn und der Türkei. Kommentatoren beurteilen das sehr unterschiedlich.
Eigentor und Keil in Bündnis
Republica.ro spart nicht mit Kritik:
„Welche Botschaft sendet Klaus Iohannis damit? Dass Rumänien nicht länger ein stabiler Partner an der Ostflanke ist, sondern eine Transaktionspolitik à la Erdoğan betreibt. Dass er kein Problem damit hat, dem illiberalen Viktor Orbán die Hand zu reichen (Putins trojanischem Pferd in EU und Nato), um persönliche politische Interessen durchzusetzen, dass es ihm an diplomatischer Umsicht fehlt, zwischen EU und Nato zu unterscheiden, und dass Rumänien auf derselben Bank wie Bulgarien sitzt. Beide Länder sind frustriert darüber, dass sie nicht vollständig in den Schengenraum aufgenommen wurden. Iohannis sorgt für einen Riss in der Nato – zu einem Zeitpunkt, da das Bündnis beweisen muss, dass es intakt ist.“
Legitimer Schachzug im Sinne Osteuropas
Vielleicht schielt Iohannis bereits auf später, mutmaßt Adevărul-Kolumnist Stefan Vlaston:
„Ich hoffe, dass Iohannis darauf abzielt, dass Osteuropa, wenn nicht den Nato-Vorsitz, dann doch eine oder mehrere wichtige Posten nach den EU-Wahlen bekommt. Seine Absichten wären dann integer. ... Dass [der Rumäne] Mircea Geoană stellvertretender Nato-Generalsekretär ist, zeigt doch, dass auch andere Staats- und Regierungschefs glauben, dass die Bedeutung der osteuropäischen Länder im Hinblick auf Europas Zukunft zunimmt. ... Hoffen wir, dass es Iohannis nicht zuallererst um seine Person geht, sondern er für die osteuropäischen Länder mehr Gewicht in der Nato- und der EU-Führung will.“