Nahost: Was bringen die Verhandlungen in Doha?
In Doha beginnen heute Verhandlungen, die eine weitere Eskalation im Nahen Osten verhindern sollen. Formal geht es um einen Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas in Gaza, Beobachter hoffen aber, dass ein Abkommen auch den Iran von seinen Vergeltungsplänen abbringt. Europäische Medien analysieren die Bedingungen, unter denen die Verhandlungen stattfinden.
Abwesend und doch anwesend
Für Avvenire geben die Abwesenden den Ton an:
„Der Iran wird zwar nicht anwesend sein, aber durch die Androhung von 'Rache' an Israel und den Beschuss durch die Hisbollah im Libanon und die Huthi im Jemen eine Rolle spielen. Aus Gaza vermelden die Sprecher der Hamas fast 40.000 'Märtyrer'. Auch aus diesem Grund werden sich die Abgesandten der Organisation zunächst nicht an den Tisch von Doha setzen, aber Katar (das zusammen mit Ägypten und den USA die Verhandlungen führt) ist auch der Garant für den Schutz des Politbüros der extremistischen Bewegung im Exil.“
Keine Energie für einen Konflikt
Teherans Interessen bei den Verhandlungen beschreibt der in Israel lebende Politologe Abbas Galliamow auf Facebook:
„Der Iran muss darüber nachdenken, wie er seine ohnehin siechende Wirtschaft vor dem Kollaps bewahren kann. Das Land verfügt über riesige Öl- und Gasreserven, hat aber gleichzeitig ein großes Energiedefizit. Jeden Sommer gibt es im Iran Stromabschaltungen und jeden Winter muss Gas gespart werden. Gestern zum Beispiel war Teheran ohne Strom. Das Defizit wächst, es fehlt an Geld und Technologien, um neue Vorkommen zu erschließen, während die alten allmählich versiegen. Die einzige Chance, in dieser Lage das Wirtschaftswachstum wieder in Gang zu bringen, sind ein neues Nuklearabkommen und die Aufhebung der Sanktionen.“
Teheran ist schon einmal ruhig geblieben
Seit über zwei Wochen wird ein Vergeltungsschlag des Irans gegen Israel befürchtet - Yeni Asya erörtert, warum dieser möglicherweise ausbleiben könnte:
„In den Medien gibt es auch Meinungen, die keine ernsthaften Vergeltungsmaßnahmen seitens des Irans und der Hisbollah erwarten. Vor allem die schwache Antwort auf die Ermordung von Quassim Soleimani vor vier Jahren auf irakischem Territorium ist noch in Erinnerung. Aus diesem Grund gibt es eine Gruppe von Menschen, die keine ernsthaften Vergeltungsmaßnahmen erwarten.“
Die Männer in den feinen Anzügen
La Repubblica beleuchtet zwei Hauptfiguren der Verhandlungen und fühlt sich bei einer an The Wolf aus dem Film Pulp Fiction erinnert, der im akkuraten Anzug und mit scharfem Verstand alle Probleme löst:
„Für die Amerikaner ist der Schlüsselmann Bill Burns, der 'Mr. Wolf' der mit den Geheimdiensten verflochtenen Diplomatie, Chef der CIA, der 40 Jahre diplomatische Erfahrung hinter sich hat, die meisten davon im Nahen Osten. ... Er war es, der 2013 das Atomabkommen mit dem Iran ausgehandelt hat. Beim israelisch-palästinensischen Dossier arbeitet er Hand in Hand mit Abbas Kamel, der mehr ist als Ägyptens Spionagechef: Er ist das Herz von al-Sisis Machtsystem.“