Schweiz: Der Stellenabbau geht weiter

Schwindende Werbeeinnahmen zwingen Verlage zum Sparen, darunter leidet die demokratische Meinungsvielfalt. Die Krise bringt aber auch neue Medien hervor.

Junger Besuch beim Schweizer Fernsehen. Die Finanzierung der SRG ist seit Jahren Inhalt von Debatten und Volksbegehren. (© picture alliance / KEYSTONE | ALESSANDRO DELLA VALLE)
Junger Besuch beim Schweizer Fernsehen. Die Finanzierung der SRG ist seit Jahren Inhalt von Debatten und Volksbegehren. (© picture alliance / KEYSTONE | ALESSANDRO DELLA VALLE)
Globale Internetgiganten wie Facebook und Google machen den Schweizer Medien Konkurrenz, denn der Medienkonsum verlagert sich immer mehr ins Netz. Die Verlage haben deshalb mit stark erodierenden Werbeeinnahmen zu kämpfen. Dieser Trend verschärft die Medienkonzentration. Die Meldungen von Stellenstreichungen in Schweizer Verlagen häufen sich.

Zuletzt vermeldete die drittgrößte private Mediengruppe CH Media im November 2023 den Abbau von rund 150 Vollzeitstellen. Letztlich wurden es 140, das entspricht sieben Prozent aller Mitarbeiter. Das Unternehmen ist ein Zusammenschluss verschiedener regionaler Medientitel (u.a. St. Galler Tagblatt, Luzerner Zeitung) und AZ Medien (u.a. Aargauer Zeitung), dazu kommen Radio- und Fernsehstationen. In der Nordwest-, Ost- und Zentralschweiz hält das Unternehmen eine dominierende Stellung. In den jeweiligen Regionen fürchtet man einen Leistungsabbau und sorgt sich um die Qualität der demokratischen Meinungsbildung.

Kurz zuvor hatte schon die TX Group, die größte private Mediengruppe des Landes (u. a. Tages-Anzeiger, Der Bund, Tribune de Genève), Kündigungen ausgesprochen. Rund 80 Arbeitsplätze sind betroffen, die meisten davon in der Westschweiz. Betroffen ist auch das Gratismedium 20 Minuten, das mit Werbeschwund kämpft.

Trotz dieser Entwicklungen kommt es auch zu neuen Impulsen auf dem Schweizer Medienmarkt. Beispielsweise entstand 2018 das Online-Magazin Republik. Führende Köpfe hinter dem Projekt stammten ursprünglich vom Tages-Anzeiger. Republik setzt v.a. auf Unabhängigkeit und Transparenz, es sieht sich als Gegenentwurf zur Marktkonzentration großer Medienkonzerne und dem damit einhergehenden Verlust der Medienvielfalt. Das digitale Medium setzt einen Schwerpunkt auf investigative Recherchen und wird ausschließlich von seinen Leserinnen und Lesern finanziert. Mit demselben Konzept publizierte 2022 das Berner Medien-Start-Up Hauptstadt erste Inhalte. Auch bei diesem Lokalmedium war die Unzufriedenheit über die Medienlandschaft der Auslöser für die Gründung. Zuvor hatte die TX Group die Redaktionen der beiden in Bern erscheinenden Tageszeitungen Bund und Berner Zeitung zusammengelegt.

Auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist im Umbruch: Zwar scheiterte im März 2018 der Versuch, der Schweizer Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) durch eine Volksabstimmung zur Abschaffung der Rundfunkgebühren («No Billag») die Finanzierungsgrundlage zu entziehen. Doch 2022 starteten die rechtskonservative SVP, die liberalen Jungfreisinnigen und der Schweizerische Gewerbeverband mit der Initiative “200 Franken sind genug!” einen nächsten Versuch, wobei diesmal nur noch eine deutliche Reduktion der Gebühren verlangt wird. Die Unterschriftensammlung verlief erfolgreich, voraussichtlich 2026 soll abgestimmt werden. Gemäß einer Befragung im Herbst 2023 würde eine Mehrheit der Bevölkerung das Vorhaben gutheißen. Die Regierung lehnt es ab, will den Initianten aber mit einer geringfügigeren Reduktion der Gebühr entgegenkommen. Eine Annahme der Initiative hätte weitreichende Auswirkungen auf das publizistische Angebot und die regionale Verankerung der föderalistisch organisierten SRG – und sicherlich auch auf deren Personalbestand.


Rangliste der Pressefreiheit (Reporter ohne Grenzen): Platz 12 (2023)
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