17 Punkte gegen Chaos auf Balkanroute
Auf dem Sondergipfel zur Flüchtlingskrise haben sich 13 europäische Staaten am Montag auf einen 17-Punkte-Plan gegen das Chaos auf der Balkanroute geeinigt. Unter anderem sollen in der Region 100.000 Aufnahmeplätze geschaffen und der Grenzschutz der EU verstärkt werden. Zumindest suchen Europas Staaten wieder den Dialog, loben einige Kommentatoren. Für andere ist der Plan weder ausreichend noch praktikabel.
Kein großer Wurf
Mit ihrem 17-Punkte-Plan hat die EU eine Chance zur Bewältigung der Flüchtlingskrise verpasst, kritisiert die liberale Aargauer Zeitung: "An verschiedenen Standorten zwischen Griechenland und Deutschland sollen Unterkünfte für rund 100.000 Menschen entstehen. Länder, die dies aus eigener Kraft nicht schaffen, können den für Erdbeben oder ähnliche Unglücke vorgesehenen europäischen Katastrophenschutzmechanismus auslösen. Kroatien hat dies am Montag bereits getan. Damit zeigt sich in aller Deutlichkeit, was die Flüchtlingskrise nunmehr ist: eine Katastrophe. In erster Linie für die direkt betroffenen Menschen - aber auch für die EU als politische Union. Es ist bezeichnend, dass als bescheidene Quintessenz im Abschlussdokument steht, dass man wieder 'miteinander reden' sollte. An grosse Würfe, wie einen festen Verteilschlüssel oder gar die Lösung des Problems vor Ort in Syrien, wagt derzeit niemand auch nur zu denken. Lieber hoffen die Politiker, dass der Winter ihnen etwas Zeit verschafft und die Flüchtlinge von ihrer Reise Richtung Nordeuropa abhält."
Zumindest sind die Wogen etwas geglättet
Zumindest kleine Fortschritte kann die liberale Tageszeitung Večer in dem Plan erkennen. In Anbetracht dessen, dass sich die Regierungschefs der Balkanstaaten noch vor dem Treffen gegenseitig den schwarzen Peter zugeschoben hätten, sei "der 17-Punkte-Plan auf jeden Fall ein Erfolg und ein Schritt vorwärts. Auch weil er den Streit zwischen den westlichen und östlichen EU-Ländern über die Lösung der Flüchtlingskrise ein wenig geglättet hat. Das Abkommen ist überhaupt sehr typisch für die EU: Es wurde auf einer nächtlichen Sitzung angenommen und es ist für jeden etwas dabei, so dass das Feuer für eine kurze Zeit gelöscht wird. Doch dieser Plan stellt in keinster Weise sicher, dass der Balkan zur Bewältigung der Flüchtlingskrise auf die europäische Solidarität setzen kann. Nach wie vor steht die Solidarität vor einer Bewährungsprobe - und von dieser hängt der Erhalt der EU ab."
Balkan-Gipfel zielt auf einen faulen Deal
Die auf dem Krisentreffen vereinbarten Maßnahmen stinken der linken Tageszeitung Duma gewaltig: "Juncker will im Grunde, dass die Flüchtlinge in den Balkanländern festgehalten werden. Wie sonst soll man seine Worte verstehen, wenn er sagt, dass die jetzige 'Politik des Durchwinkens' nicht akzeptabel sei? Er hat aber nicht gesagt, was wir mit den hunderttausenden Menschen machen sollen, die nicht einen einzigen Tag in Bulgarien, Griechenland, Mazedonien oder irgendwo sonst auf der Balkanroute bleiben wollen, sondern mit aller Kraft versuchen, nach Deutschland, Österreich, Schweden und so weiter zu gelangen. Sollen wir sie verhaften, einsperren, in Konzentrationslager stecken und verhauen oder was? … Bulgarien war schon einmal die blutige Schwelle, an der die Osmanen auf ihrem Eroberungszug nach Europa steckengeblieben sind. Ein zweites Mal braucht unser Land das nicht zu werden."
50.000 Plätze in Griechenland sind utopisch
Von den 100.000 zusätzlichen Aufnahmeplätzen für Flüchtlinge sollen laut Schlusserklärung des Krisengipfels 50.000 in Griechenland entstehen. Laut dem für Migration zuständigen Vizeminister Ioannis Mouzalas sollen 20.000 Flüchtlinge in Wohnungen untergebracht werden, deren Mieten vom UNHCR gezahlt werden. Dies wird nicht klappen, glaubt das liberale Webportal Protagon: "Bis die Räume, in denen diese Menschen untergebracht werden sollen, gefunden, überprüft und vermietet werden, wird wahrscheinlich die Krise in ihren Heimatländer zu Ende sein. … Die Chancen, dass dieser Plan klappt, stehen schlecht. Der griechische Staat ist nicht einmal in der Lage, seine eigenen Dienststellen in verfügbare Gebäude umzulagern - wie sollte er es da schaffen, für Tausende von Flüchtlingen zu sorgen? ... Wenn einige kompetente Menschen den Plan umzusetzen versuchen, ist es denkbar, benachteiligte Stadtteile, Geistergebäude und vergessene Straßen mit Leben zu füllen. Aber wer denkt wirklich, dass dies der Fall sein wird?"