Brexit-Abstimmung entzweit Labour
Labour-Chef Jeremy Corbyn verlangt von seiner Fraktion, dem EU-Austrittsgesetz der May-Regierung im Parlament zuzustimmen. Mehrere Abgeordnete wollen jedoch den Fraktionszwang verweigern und gegen den Brexit stimmen. Zwei Mitglieder aus Corbyns Schattenkabinett traten bereits zurück. Auch die Presse streitet darüber, ob Labour als linke Partei dem Brexit zustimmen darf oder nicht.
Labour sollte auf der richtigen Seite stehen
Labour-Abgeordnete, die ihren sozialdemokratischen Prinzipien treu bleiben wollen, dürfen keinesfalls für den EU-Austritt stimmen, appelliert The New Statesman:
„Wer historisch auf der richtigen Seite stehen will, muss den Brexit ablehnen. Das ist die Seite von Offenheit, Toleranz und Fortschritt. Diese Seite vermeidet finanzielle Instabilität, damit Geldmittel zur Verfügung stehen, um die öffentliche Verwaltung zu finanzieren. Auf dieser Seite sollte sich Labour befinden. Falsch wäre es, ein Gesetz durchzuwinken, das zu mehr Armut und Ungleichheit in Großbritannien führen oder das Land gar zu einer Steueroase machen könnte. Das ist die Seite des schrumpfenden Staats, der massiven Deregulierung und der niedrigen Steuern. Auf dieser Seite sollte sich Labour ganz sicher nicht befinden. Schon jetzt auf der historisch richtigen Seite zu stehen, wird von den Wählern honoriert werden, wenn die Geschichte einmal über den Brexit urteilen wird.“
Die Linke muss den Brexit unterstützen
Der Brexit ist letztlich doch ein linkes Projekt und deshalb hat Corbyn die richtige Entscheidung getroffen, glaubt der Politologe Timothy Appleton in El Huffington Post:
„Die Spaltung zeigt die Tatsache, dass die Labour-Partei zum einen die bürgerliche Linke vertritt, liberal und privilegiert, die wohl schon allein aus der kosmopolitischen Konnotation heraus die EU liebt, und zum anderen die traditionelle Arbeiterschicht, die zusieht, wie ihre Lebensbedingungen durch die kapitalistische Globalisierung zerstört werden, die sie mit der EU assoziieren. ... Was Corbyn zu einem echten politischen Anführer macht, ist, dass er verstanden hat, dass die Linke irgendwann den Brexit unterstützen, ja ihn zu ihrem eigenen Projekt machen muss. Bedeutet das eine Rückkehr zum Nationalen und damit einen Verstoß gegen die sozialistischen Prinzipien? ... Vielleicht. Aber wenn der einzige heute möglich erscheinende Internationalismus der neoliberale ist, welche andere Option bleibt ihnen dann?“