Italien: Mutmaßlicher Anschlag auf Roma-Familie
In Rom sind durch einen mutmaßlichen Brandanschlag auf eine Roma-Familie drei Schwestern ums Leben gekommen. Sie lebten zusammen mit ihren Eltern und acht weiteren Geschwistern in einem Wohnwagen, der auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums parkte. Italiens Presse zeigt sich schockiert und sieht angesichts der Verrohung der Sitten in der Hauptstadt und der misslungenen Integration von Minderheiten in dem Land dringenden Handlungsbedarf.
Die Verrohung der Ewigen Stadt
Entsetzt versucht der Schriftsteller und Journalist Corrado Augias in La Repubblica zu verstehen, wie es zu dieser Tat kommen konnte:
„Mehr als in der Chronologie der Ereignisse suche ich Bezüge in der Geschichte, kehre ich zu den Parametern der Unmenschlichkeit der Vergangenheit zurück, zu den vielen Büchern über die Konzentrationslager. In den Köpfen der Folterknechte fand damals eine Verwandlung statt. Die mit Lumpen bedeckten Körper, die leeren Blicke gehörten nicht länger Männern und Frauen, sondern undefinierbaren Wesen, die nichts Menschliches mehr an sich hatten. Sie waren unsichtbar. Ich glaube, ein ähnlicher Prozess ist in der vergangenen Nacht im Kopf des Mörders abgelaufen. … Sich in Rom verlassen und unsichtbar zu fühlen, ist immer leichter geworden. Rom ist zu einem unförmigen Agglomerat geworden, wo die unfähige Stadtverwaltung eine Bevölkerung widerspiegelt, in der die beunruhigenden Symptome der Regression und der Gewalt immer häufiger anzutreffen sind.“
Ohne Gleichberechtigung keine Integration
Die katholische Avvenire drängt zum Handeln:
„Wir müssen die Gründe begreifen, die hinter Tragödien wie in der vergangenen Nacht stehen. Und wir müssen handeln, damit niemand in einem Wohnwagen eingepfercht aufwachsen und bei einem Brandanschlag sterben muss. ... Wer gläubig ist, kann für die Opfer beten. Auf institutioneller Ebene muss, um mit dem ewigen Notstand Schluss zu machen, die nationale Strategie zur Aufnahme und Eingliederung der Roma umgesetzt werden. Diese Strategie setzt auf vier grundlegende Rechte für alle: eine langfristige und angemessene Unterbringung (keine Baracken in Lagern sondern Häuser), das Recht auf ärztliche Behandlung, ein echtes Bildungsprogramm und eine Eingliederung in die Arbeitswelt - mit finanziellen Anreizen aber auch strengen Auflagen. Unterkünfte, Gesundheitswesen, Bildung und Arbeit können Tragödien verhindern und von dürftiger Toleranz, tief verwurzelten Vorurteilen und gegenseitigem Misstrauen endlich zu einer wahren Integration führen.“