Sturm auf bulgarisches Roma-Viertel
Rund 2.000 Einwohner der südbulgarischen Stadt Assenowgrad haben am Mittwoch und Donnerstag versucht, das dortige Roma-Viertel zu stürmen, wurden aber von der Polizei aufgehalten. Zuvor sollen Roma Jugendliche tätlich angegriffen haben. Wie sollen Stadt und Land mit dem Konflikt zwischen Mehrheit und Minderheit umgehen?
Es muss auch ohne Polizei gehen
Eine Lösung des Problems ist das Vorgehen der Polizei aber nicht, kritisiert die Tageszeitung Duma:
„Was genau will der Staat tun, damit das massive Polizeiaufgebot im aufgewiegelten Roma-Ghetto zurückgezogen werden kann? Welche Lösungen hat [Vize-Premier] Simeonow als Staatsmann vorgeschlagen, die etwas an der Situation ändern würden? Was hilft es, wenn er konstatiert, dass es ethnische Spannungen in Bulgarien gibt? Was hilft es, wenn die Beamten kommen und feststellen, dass die Roma ihre Häuser illegal errichtet haben, als wüssten sie das nicht schon längst? Was hilft es, wenn sie umgesiedelt werden? Wohin sollen sie gehen und was wird dann aus ihnen? Werden sie plötzlich anfangen zu lesen und zu schreiben? Werden sie sich plötzlich sozialisieren, aufhören zu klauen und mit 13 Jahren zu heiraten, und in die Schule gehen?“
Wirtschaft als Integrationsmotor
Die Bulgaren müssen endlich anfangen, die Roma nicht als Feinde zu sehen, meint der Abgeordnete Iwo Hristow in einem Interview für Trud:
„Bulgarien hat gemessen am Bevölkerungsanteil die größte Roma-Minderheit in Europa. Doch sie können nur dann erfolgreich integriert werden, wenn sie nicht als Problem sondern als Chance für das Land identifiziert werden. ... Das ganze Gerede von Multikulturalismus, Bevölkerungsvielfalt und so weiter kann man vergessen. Die Integration funktioniert nur über die Wirtschaft. Die Roma sind nach wie vor der große Verlierer von Bulgariens Übergang zur Marktwirtschaft. Ihre einstigen Arbeitsstätten - die Eisenhütten und Landwirtschaftsbetriebe - haben sich verändert und brauchen sie nicht mehr. Es folgten sozialer Abstieg, Analphabetismus, Kriminalität. Die Roma sind aber nicht die Wurzel des Problems, auch wenn sie meist so dargestellt werden.“