Fußball-WM 2034 definitiv in Saudi-Arabien
Mangels Gegenkandidaten war es eine reine Formsache: Am Mittwoch hat die Fifa die Männer-Fußballweltmeisterschaft 2030 nach Spanien, Portugal und Marokko (mit einzelnen Spielen in Südamerika) und 2034 nach Saudi-Arabien vergeben. Die Kritik der europäischen Presse am Zuschlag insbesondere für den Golfstaat schmälert das nicht.
Dieser Irrsinn hat Methode
Der Spiegel kann nur noch den Kopf schütteln:
„Ein Land, das Pressefreiheit und Frauenrechte kleinhält, ein Land, in dem im Vorjahr 172 Menschen hingerichtet wurden, ein Land, in dem Homosexualität unter Strafe steht. Dieses Land soll das größte Fußballfestival der Welt ausrichten. Ein Irrsinn. ... [Die] WM 2030 wird ausgetragen von den Ländern Uruguay, Paraguay, Argentinien, Marokko, Spanien und Portugal. Sechs Länder auf drei Kontinenten, die maximale Entfernung zwischen den Spielorten beträgt rund 10.000 Kilometer. Ein Irrsinn. ... Es wird 104 Spiele geben, in Katar 2022 waren es noch 64. Ein Irrsinn. Die Fifa will es genau so haben. Der Irrsinn hat Methode.“
Nationale Verbände hätten Widerstand leisten müssen
Politiken ärgert sich nicht nur über den Weltfußballverband:
„Die Fifa hofft, die WM werde sich positiv auf die Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien auswirken. Diese Hoffnung erscheint bestenfalls naiv, schlimmstenfalls ist sie ein rhetorischer Deckmantel für den wahren Grund: Die Saudis haben Geld und Macht. Zumindest zeigte sich [die einstige Premierministerin und jetzige Funktionärin des Dänischen Fußballverbands DBU] Helle Thorning-Schmidt nicht heuchlerisch, als sie eine Entscheidung für Saudi-Arabien unterstützte und sagte, das Land sei wichtig für Handel und Geopolitik. ... Dass die Fifa über Prinzipien nur redet, wissen wir. Aber dass der DBU so bereitwillig an dem Spektakel teilnimmt, ist verwerflich. ... Es ist unendlich traurig, dass ein so schöner Sport von Organisationen kontrolliert wird, die ihre Macht dermaßen falsch einsetzen.“
Ein neuer Tiefpunkt
Der Vergabeprozess war alles andere als demokratisch, unkt The Spectator:
„Die 'Wahl' erwies sich als der denkbar einfachste Wettstreit – ohne Gegner und ohne eigentliche Abstimmung – und das alles mit freundlicher Genehmigung der Fifa, der Organisatorin des Turniers. Die Saudis wurden per Akklamation zum Sieger erklärt, eine Vorgehensweise, die bei einem Land mit einer absoluten Monarchie, ohne politische Parteien und mit geringer Achtung der Grundrechte, auf Zustimmung stoßen wird. Die Fifa und insbesondere ihr Präsident Gianni Infantino haben den Saudis die wichtigste Trophäe im Sport auf dem Silbertablett serviert. Damit ist die Übernahme des internationalen Sports durch die Saudis abgeschlossen.“
Dieser Trend ist kein Zufall
Tygodnik Powszechny glaubt zu wissen, wieso autoritäre Staaten in jüngerer Zeit mehrfach WM-Gastgeber wurden:
„Die Struktur des Turniers – der Löwenanteil der Einnahmen geht an den Weltfußballverband – hat zur Folge, dass die meisten demokratischen Länder, wo die öffentliche Meinung die Gewinne und Verluste einer solchen Veranstaltung zu kalkulieren weiß, sich nur ungern mit den Fußballbossen einlassen. ... Das Wort 'Sportswashing', das die Schönfärberei des Images von Unternehmen oder ganzen Ländern durch Investitionen in diesen Bereich beschreibt, macht immer mehr die Runde. Wenn wir an Saudi-Arabien denken, sollen wir Messi, Ronaldo und ihre Nachfolger vor Augen haben, nicht die Hinrichtung der Gegner des Prinzen oder verfolgte sexuelle Minderheiten.“