Was es 2018 anzupacken gilt
Auf der langen Liste der Herausforderungen im Jahr 2018 stehen unter anderem wieder Populismus, Klimawandel und wirtschaftliche Entwicklung. Kommentatoren fordern eine bessere Umverteilung des erwirtschafteten Reichtums und empfehlen, mit weniger Aufgeregtheit die großen Aufgaben anzugehen.
Weniger Alarmismus bitte
Weniger Alarmismus wünscht sich Die Presse für 2018 und kritisiert dabei die Neujahrserklärung von UN-Generalsekretär António Guterres:
„Er rief die 'Alarmstufe rot' für den ganzen Planeten (was immer das bedeuten mag) aus, erklärte, dass die Konflikte sich verschlimmert hätten. Mag sein (oder auch nicht). Solche säkularen Bußpredigten wirken jedenfalls kontraproduktiv, weil wir sie längst gewohnt sind. Wie oft hat man uns erklärt, dass 'jetzt' die letzte Chance sei, den Klimawandel zu stoppen? Solche Alarmrufe wirken vor allem abstumpfend - wie die Schreckensbilder auf den Zigarettenpackerln, die viele Raucher mittlerweile routiniert verhüllen. Vielleicht sollten wir uns zum Jahreswechsel lieber darüber freuen, wie viele angekündigte Katastrophen (vom Waldsterben bis zum Atomkrieg) nicht eingetroffen sind.“
Wachstum muss allen zugute kommen
Angesichts des weltweiten Konjunkturaufschwungs fordert Le Temps für 2018 eine Umverteilung der Erträge:
„Die von den Beschäftigten, Verbrauchern und Steuerzahlern erbrachten Opfer in Form von Entlassungen, eingefrorenen Gehältern, der Stagnation der Kaufkraft und hohen Steuersätzen haben zum Aufschwung beigetragen. Nun ist es an der Zeit, die Früchte des Wachstums zu verteilen. Nicht zuletzt deshalb, weil die Krise die Kluft zwischen Gewinnern und Verlierern der Globalisierung vergrößert hat - sowohl zwischen Staaten als auch innerhalb von Landesgrenzen. … Wird der Reichtum nicht neu verteilt, drohen uns Intoleranz, Extremismus aller Art sowie politische und soziale Instabilität.“
Die Tech-Giganten einhegen
Die Vorsätze für das neue Jahr sollten sich auch auf die virtuelle Welt beziehen, findet Politiken:
„Im kommenden Jahr müssen sich Zivilgesellschaft und Politik mit größter Aufmerksamkeit dem Einfluss widmen, den die Technologie-Giganten auf unser individuelles und gesamtgesellschaftliches Dasein haben. ... Facebook, Amazon, Apple und Google sind globale Akteure mit nahezu monopolistischer Macht. 2018 muss sich die Welt darüber klar werden, auf welche Weise wir für die Technologie-Giganten Rahmen setzen können - so, wie man im 20. Jahrhundert Anti-Monopol-Gesetze verabschiedete, damit kein Unternehmen zu mächtig wurde. Auch das Internet an sich muss gegen die Dominanz einiger weniger gesichert werden. ... Die neue Welt ist in vielerlei Hinsicht schön, aber sie gehört unter demokratische Kontrolle.“
Populismus grassiert weiter
Radikaler Populismus bleibt auch 2018 eine der größten Gefahren, prognostiziert Público:
„Es handelt sich um einen hoch ansteckenden, globalen Virus, der die offene und demokratische Gesellschaft vor allem in Zeiten institutioneller Schwäche angreift. In einem Jahrzehnt, das mitten in der Wirtschaftskrise begann und sich nun mit den Auswirkungen einer beschleunigten Globalisierung konfrontiert sieht, ist der Populismus auf fruchtbaren Boden gefallen. Seine Folgen sind überall spürbar - besonders auch in der EU. ... Wenn der Brexit die direkte Folge einer populistischen Option war, könnte das, was sich gerade in Österreich, Polen und Ungarn abspielt, mittelfristig viel ernstere Konsequenzen haben als der EU-Austritt Großbritanniens.“
Ein Jahr des Schweigens ausrufen
Statt unrealistische Zukunftsideen zu verbreiten, sollte sich die EU besser bescheidene Ziele stecken und diese tatsächlich umsetzen, fordert Historiker Timothy Garton Ash in El País:
„Unsere Politiker sollten ein Jahr des Schweigens ausrufen und dann Weihnachten 2018 einen einzigen, klar formulierten Bericht darüber vorlegen, was sie das Jahr über getan haben. ... Anstatt Europa als politisches Projekt zu begreifen, das nach vorne auf eine vage rationale und systematische Konstruktion blickt, sollte es eher darum gehen, dieses von uns errichtete Zuhause zu bewahren. ... Seien wir ehrlich: In diesen finsteren Zeiten wäre es schon ein großer Sieg, das seit 1945 aufgebaute Europa zu erhalten. Stoßen wir also auf einen neuen Eurokonservatismus an.“
Putins Taktik geht auf
2018 wird das Jahr Wladimir Putins, prophezeit La Repubblica:
„Putin wird in den kommenden Monaten die Früchte seiner siegreichen Militäreinsätze (in Syrien) und diplomatischen Vorstöße (im Nahen und Fernen Osten) ernten. Gleichzeitig wird der Kauf von Geldreserven in ausländischer Währung dem Rubel trotz des schwankenden Ölpreises und der Sanktionen größere Stabilität verleihen. Der Kremlchef wird sich sogar als Vermittler zwischen Nordkorea und dem Rest der Welt verdingen. Die post-ideologische Taktik Putins folgt dabei dem immer gleichen Muster: Sich als der Beste unter den Bösen zu gerieren oder aber als der Schlimmste unter den Guten, um dann als einzig möglicher Vermittler zwischen den Fronten aufzutreten. Erst stiftet er Unruhe (wie in Georgien, der Ukraine, europäischen und anderen Krisenzonen), nur um sich dann als Befreier und Friedensstifter anzubieten.“
Emissionen viel drastischer reduzieren
Dem Thema Klima widmet sich Helsingin Sanomat und betont, dass die EU neue Emissionsziele definieren muss:
„Eine positive Nachricht in diesem Jahr war, dass alle Länder der Welt dem Klimaabkommen von Paris beigetreten sind. Als letzte schlossen sich im Herbst Nicaragua und Syrien an. … Die schlechte Nachricht wiederum war, dass im Sommer der US-Präsident ankündigte, sein Land werde sich aus dem Abkommen zurückziehen. … Im Abkommen von Paris ist vereinbart, die Erderwärmung auf weniger als zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen alle Länder ihre Emissionen stärker abbauen als bisher versprochen. Auch die EU muss ihre Klimaziele verschärfen. Die bisher vereinbarte Emissionssenkung von 40 Prozent bis 2030 gegenüber dem Stand von 1990 reicht nicht aus. Die neuen Ziele müssen bis spätestens zur finnischen EU-Präsidentschaft 2019 vereinbart werden.“
Selten standen die Sterne so günstig
Das kommende Jahr wird über das Schicksal der EU entscheiden, glaubt Étienne Gernelle, Chefredakteur des Wochenmagazins Le Point:
„Europa muss den kommenden Umwälzungen deutlich geeinter entgegentreten. Sonst brechen sie über die EU hinein und sie wird leiden. Der entscheidende Augenblick ist jetzt. Selten standen die Sterne so günstig: In Frankreich hat der klar pro-europäische Emmanuel Macron gewonnen, in Deutschland wird eine Koalition geschmiedet, die sich von vornherein mit Blick auf den neuen französischen Präsidenten positionieren muss. Zudem hat sich ein wirtschaftlicher Aufschwung eingestellt, der allen zu Gute kommt. Und auf der anderen Seite des Atlantiks regiert ein US-Präsident, der den Alten Kontinent nicht länger beschützen will. ... Sollte sich das europäische Projekt in einem Jahr noch nicht durchgesetzt haben, wäre das wohl eine historische Katastrophe.“
Briten bleiben, Franzosen schuften, Putin geht
Einen humorvollen Ausblick auf 2018 erlaubt sich Kommentator Luboš Palata im Landesecho Prag:
„Nach dem Aussetzen der EU-Mitgliedschaft Polens entscheidet sich Großbritannien doch gegen den Brexit. Theresa May nennt im Europaparlament die Verhandlungen nur 'eine Spielart des trockenen britischen Humors'. Emmanuel Macron setzt ein hartes Arbeitsgesetz durch. Die Arbeitszeit wird auf sieben Stunden täglich verlängert. Mittagspausen werden auf zweieinhalb Stunden begrenzt, was ein stürmisches Wachstum auslöst. Eine Million Flüchtlinge kehren in ihre Heimat zurück, wo sie Dutzende Straßen und Plätze nach Angela Merkel benennen. Wladimir Putin verliert die Wiederholung der Wahlen, nachdem man zuvor sein Ergebnis von 123 Prozent der Stimmen als etwas übertrieben annulliert hatte.“