Warum knöpft sich Washington Huawei vor?
Von diesem Freitag an steht Huawei in den USA auf einer Blacklist. Dadurch ist es US-Firmen untersagt, ohne Genehmigung der Regierung Geschäfte mit dem chinesischen Telekommunikationskonzern zu machen. Washington wirft dem Unternehmen Spionageabsichten vor, was dieses bestreitet. Auch Europas Kommentatoren treibt die Frage nach dem Umgang mit dem 5G-Marktführer um.
Kampf um technologische Vorherrschaft
Letztlich ist die Konfrontation um Huawei der Konkurrenz zwischen den USA und China geschuldet, erklärt Filippo Santelli in La Repubblica:
„Trump verbietet amerikanischen Telefongesellschaften, Produkte von Unternehmen zu nutzen, die mit ihren Netzwerken die nationale Sicherheit bedrohen. Er nennt keine Namen, aber es ist bekannt, dass die Vereinigten Staaten Huawei, den Weltmarktführer bei den 5G-Netzwerken, als potenzielles Trojanisches Pferd kommunistischer Spione betrachten. Der zweite Schritt schmerzt die Firma aus Shenzhen jedoch noch weitaus mehr. Mit der Aufnahme auf die berüchtigte schwarze Liste riskiert Huawei einen Boykott, der das Unternehmen um Schlüsselkomponenten aus den USA für seine Geräte bringen könnte. Damit wird klar, was eigentlich hinter dem Konflikt zwischen Washington und Peking steht: der Kampf um die Vormachtstellung bei den Zukunftstechnologien.“
Trump will seinen Gegner in die Knie zwingen
Im Umgang mit China unterscheiden sich Europa und die USA grundsätzlich, beobachtet der Journalist Pierre Haski in France Inter:
„Es gibt angesichts der für das 21. Jahrhundert entscheidenden Frage nach der Beziehung zum Giganten China zwei Ansätze: Den des 'Containment', ein Begriff aus dem Kalten Krieg, der Eindämmung bedeutet. Diesen Ansatz hat Trump gewählt, da er seinen Gegner in die Knie zwingen will. Der andere Ansatz ist - um im Wortgebrauch des Kalten Kriegs zu bleiben - das 'Engagement', also die trotz eines Hartbleibens in Grundfragen erfolgende Entwicklung eines Machtverhältnisses, das nicht auf Auseinandersetzung ausgerichtet ist. Das ist die neue Strategie der Europäer. … Wie sinnvoll die Existenz Europas ist, zeigt sich bei solch einem Thema.“
China drängt Westen in den Ausverkauf
Delo stimmt der Huawei-Konflikt höchst pessimistisch:
„Sollte Asien seine Entwicklungsziele bis 2021 verwirklichen, wird seine Wirtschaftsleistung rund 40 Prozent größer sein als die der USA. Ob wir es wollen oder nicht, wir alle arbeiten bereits für China. Wir haben den Trend des Preisdumpings akzeptiert. Alles wird billiger, auch das menschliche Leben. Immer leiser sprechen wir über 'Menschenrechte', um vor einem Land, das ohne diese Menschenrechte Wunder vollbracht hat, nicht dumm dazustehen. Huawei an sich ist unbedeutend. Durch dessen Netze und Handys beobachten wir die Zukunft, deren Schaffung wir längst jenen auf dem anderen Kontinent überlassen haben. Huawei ist nur das Symbol der Zerbrechlichkeit all unserer Werte, und unserer verlorenen Ambitionen. Ohne diese ist es egal, wer da 5G baut. Was nützt es uns dann noch?“
USA sitzen am längeren Hebel
Dass die Europäer dem Druck aus Washington standhalten können, ist keineswegs sicher, glaubt das Handelsblatt:
„Die US-Regierung droht selbst engsten Verbündeten wie Großbritannien damit, die Sicherheitspartnerschaft aufzukündigen, sollten sie den amerikanischen Huawei-Bann beim Aufbau ihrer 5G-Technologie brechen. Und mit der latenten Drohung von Autozöllen hat der US-Präsident noch ein weiteres Druckmittel gegenüber Europa in der Hinterhand. Am Ende entscheiden ohnehin nicht Macron und Merkel darüber, welche Technologie die europäische Telekombranche einsetzt, sondern die Firmen selbst. Und da sitzt Donald Trump, das zeigt sich gerade bei den Iransanktionen, dank der Bedeutung des Dollars und der US-Wirtschaft am längeren Hebel.“