Militärskandal überschattet Wahlkampf in Portugal
Bisher schien dem sozialdemokratischen Premier Costa der Sieg bei der Parlamentswahl kommenden Sonntag sicher. Doch nun holt ihn ein Skandal aus dem Jahr 2017 ein: Von der Militärbasis in Tancos wurde damals Kriegsmaterial gestohlen. Nun wirft die konservative PSD und ihr Spitzenkandidat Rui Rio dem Premier vor, vom Diebstahl gewusst zu haben. Wendet dies das Blatt im Wahlkampf?
Minenfeld der Politik
Auf den letzten Metern wird der Wahlkampf noch schmutzig, schimpft Público und kritisiert vor allem den Spitzenkandidaten der PSD, Rui Rio:
„Mit der Eskalation im Fall Tancos, wird die [konservative] PSD zum Magneten, der fähig ist, alle Wähler anzuziehen, die noch unentschieden sind oder der [sozialdemokratischen] PS beziehungsweise dem Premier misstrauisch gegenüberstehen. Aber diese Errungenschaft hat ihren Preis: weil sie uns einen Führer zeigt, der von seinem eigenen Erfolg im Wahlkampf berauscht ist und die Zurückhaltung bricht, die er selbst verlangt hat. Und weil es das, was von einem zivilisierten Wahlkampf übrig geblieben ist, in ein verzweifeltes Duell auf der Jagd nach Stimmen verwandelt. Tancos ist zum Minenfeld der Politik geworden.“
Da ist doch etwas faul
Politologe Raul de Almeida echauffiert sich in Jornal Económico über den Umgang der Regierung mit dem Skandal:
„Tancos begann als Anekdote und endete als staatliche Tragödie. Der damalige Verteidigungsminister Azeredo Lopes behandelte das Problem von Anfang an mit völliger Verantwortungslosigkeit, während Costa vor sich hin pfiff und den unfähigen Minister sich selbst überließ. ... Diese Geschichte riecht ziemlich faul. Unweigerlich rollten die Köpfe und die regierende Partido Socialista (PS) wartete erwartungsvoll auf die wohlwollende Vergesslichkeit der Staatsanwaltschaft.“
Portugiesisches Wunder muss weitergehen
Dass die Regierung aus drei linken Parteien nicht über den Skandal stürzt, sondern weiter bestehen bleibt, hofft 20 minutos inständig:
„Niemand hat vor vier Jahren etwas auf diese Koalition gegeben. ... Verblüffenderweise haben es die drei Regierungsparteien geschafft, die zerstörte Wirtschaft wieder zu beleben und Portugals internationale Präsenz zu stärken. Sie hoffen nun, logischerweise jede für sich, ihre Wahlergebnisse zu verbessern. Ob es gegebenenfalls wieder zu einer Koalition kommt, ist ungewiss. Aber angesichts der generellen Wahrnehmung, dass sie gute Arbeit geleistet haben, ist es wahrscheinlich. Vor allem, weil Costas Programm mit dem der kleineren Parteien übereinstimmt: mehr öffentliche Investitionen, bessere Löhne und mehr soziale Gerechtigkeit.“