Gläubige feiern orthodoxes Ostern zu Hause
Millionen orthodoxe Christen haben am Wochenende das Osterfest gefeiert. Die Corona-Krise drückte auch diesen Feierlichkeiten ihren Stempel auf. Die Gottesdienste fanden in leeren Kirchen statt, die Gläubigen blieben daheim. In Griechenland, Rumänien und Russland ziehen Medien ihre Schlüsse aus dem ungewöhnlichen Fest.
Daheim beten ist Dienst am Mitmenschen
Der orthodoxe Priester und Vorsteher einer Moskauer Kirchengemeinde Alexander Wolkow schreibt in Iswestija, wie das Verbot, die Kirchen aufzusuchen, Gläubige stärkt:
„Ich sehe, wie sich die Menschen ändern. Anfangs haben sie sich gegen die Beschränkungen des Kirchgangs gewehrt. Zu Ostern oder anderen Feiertagen nicht in die Kirche kommen zu können, hat sie entmutigt. Aber nach und nach haben sie verstanden: Wenn sie heute zu Hause bleiben, ist das ein Dienst am Mitmenschen. ... Für einen Gläubigen ist es selbstverständlich, jederzeit ungehindert in die Kirche gehen zu können. Jetzt ist ihnen diese Selbstverständlichkeit versagt und die Menschen finden in diesem Verzicht viel Sinn und Freude, weil sie es nicht nur für sich selbst tun.“
Religion ohne Theatralik
Das Osterfest zu Hause zu feiern, eröffnet die Möglichkeit, sich auf die universellen Botschaften der christlichen Religion zu konzentrieren, findet der Kolumnist Christos Panayiotides in Cyprus Mail:
„Es ist eine Gelegenheit, sich still auf die religiösen Botschaften von Liebe, Vergebung, Mitgefühl, Altruismus und Solidarität zu konzentrieren. Es ist eine Gelegenheit, Heuchelei, Rache, Selbstsucht, Schäbigkeit und Unzufriedenheit stillschweigend abzulehnen. Vergessen wir die theatralischen, rituellen Elemente der Religion. Ignorieren wir die egoistischen Interessen und Motive der Kirchenbeamten. Lassen Sie uns in unserer Isolation all diese schönen Gefühle wiederbeleben, die bestimmte menschliche Seelen von der Masse abheben.“
Osterfest zeigt zerrissene Gesellschaft
Die emotional geführte Diskussion um die Lockerung des Lockdowns zu Ostern hat tiefe Gräben in der rumänischen Gesellschaft offenbart, schreibt der Theologe und frühere Außenminister Theoder Baconschi auf Contributors.ro:
„Am deutlichsten ist diese Spaltung zwischen Christen und Atheisten zu erkennen: Dort sieht man die Anhänger eines politisch korrekten, latent diktatorischen 'Progressimus', der die Kirche am liebsten in die Katakomben und die Religionsausübung in die streng 'private' Sphäre verbannen würde. ... Influencer in ihren Vierzigern lassen ihren diskriminierenden Visionen freien Lauf in den sozialen Medien: Christen müssten endgültig in Quarantäne geschickt werden, genauso wie Senioren. ... Aber auch die Christen sind gespalten. Um ihren 'festen' Glauben zu demonstrieren, waren einige bereit, sich nicht an die behördlichen Ausgangssperren zu halten.“