Ukraine-Konflikt: EU droht Moskau - aber womit?
Beim ihrem letzten Gipfeltreffen des Jahres haben die Staats- und Regierungschefs der EU Entschlossenheit gegenüber Russland demonstriert. Ein Einmarsch in die Ukraine würde "restriktive Maßnahmen, die mit Partnern koordiniert werden", nach sich ziehen. Welche Sanktionen damit genau gemeint sind, blieb unklar. Dennoch sieht Europas Presse die EU tendenziell auf dem richtigen Weg.
Putin die Stirn bieten!
Jetzt deutlich zu reagieren ist der einzig richtige Weg, erläutert der ehemalige ukrainische Vize-Außenminister Danylo Lubkiwskyj in Ukrajinska Prawda:
„Unsere gemeinsame Erfahrung beweist, dass Putin nicht angreift, wenn es einen 'neuen ideologischen Grund' für eine Invasion gibt, sondern dann, wenn sein Schlag unerwartet, das Ziel schwach und wehrlos ist. Anschließend findet der Kreml immer politische und pseudo-juristische Rechtfertigungen für seine Aktionen. ... Hätte es nicht in den führenden Medien der Welt einen Aufschrei gegeben, hätte nicht Präsident Biden die Position der USA und der Europäer abgestimmt, dann hätte Putin diesen Moment für eine groß angelegte Provokation nutzen können. ... Dieses Beispiel beweist, dass Putins aggressive Absichten gleich zu Beginn gestoppt werden müssen.“
Vom Zahlungsverkehr ausschließen wäre übertrieben
Bei der Wahl von Sanktionen sollte der Westen mit Bedacht vorgehen, mahnt The Economist:
„Es wird erwogen, Russland vom internationalen Zahlungsverkehrsystem Swift auszuschließen. Dies würde Russland schaden, ist aber keine gute Idee, weil es andere Volkswirtschaften hart treffen und autokratische Regime dazu bringen würde, möglichst rasch nicht-westliche Alternativen zu finden. Die gleiche Abschreckung könnte mit weniger Kollateralschaden erreicht werden, indem man droht, russische Finanzinstitutionen einzeln auf die schwarze Liste zu setzen. Die USA sollten mit den europäischen Verbündeten eine geschlossene Front bilden. Und der allererste Schritt sollte sein, dass Deutschland Nord Stream 2, Russlands neu gebaute Gaspipeline, die die Ukraine umgeht, nicht genehmigt.“
Das alte Kräftemessen - aber gesitteter
Zumindest spricht man noch miteinander, wirft Außenpolitik-Experte Michel Kerres in seiner Kolumne in NRC Handelsblad ein:
„Reden ist immer gut. Man kann damit Zeit gewinnen. Man kann damit die schlimmsten Spannungen wegnehmen. Man kann sehr deutlich machen, was nicht akzeptabel ist. Zu einem echten Gespräch über Putins Unmut kann es erst kommen, wenn er die Spannung reduziert, wenn er Soldaten aus dem Grenzgebiet abzieht. Davon ist noch keine Rede. So ein Gespräch ist kompliziert. Garantien zur Nato-Mitgliedschaft wird Putin nicht erhalten. Die Souveränität der Ukraine genießt weiter höchste Priorität. Das Vokabular der Rivalität der Großmächte ist zwar zurück, doch die Sitten jener Zeit nicht. Noch nicht.“