Nordirland: Protestanten beenden Regierungsboykott
Fast zwei Jahre lang weigerte sich die London-treue DUP, mit der irisch-republikanischen Regionalwahl-Siegerin Sinn Féin eine nordirische Einheitsregierung zu bilden, wie es das Karfreitagsabkommen von 1998 vorschreibt. In der Nacht zum Dienstag erklärte Parteichef Jeffrey Donaldson, dazu nun doch bereit zu sein. Hintergrund sollen bisher nicht bekannte Anpassungen des Nordirland-Protokolls mit der EU sein. Der ersehnte Durchbruch?
Eine einzigartige Chance – bitte nutzen!
Der Deal könnte in Nordirland einen Boom auslösen, hofft The Times:
„Die Wiederbelebung der nordirischen Machtteilung bedeutet nicht nur, dass der normale Regierungsbetrieb wieder aufgenommen werden kann: Nordirland könnte auch von seinem einzigartigen Status profitieren. ... Sollte das neue Abkommen Bestand haben, dann erhält das nordirische Parlament Stormont von Westminster 3,3 Milliarden Pfund zusätzlich – als Belohnung für gutes Verhalten. Das dürfte dabei helfen, die öffentlichen Dienstleistungen zu verbessern. Und der Privatsektor könnte dank Unternehmen einen beträchtlichen Aufschwung erleben, die von dem kaum eingeschränkten Zugang zur EU und zum Vereinigten Königreich profitieren möchten. Aber das ist nur möglich, wenn die Politiker zusammenarbeiten. “
Zu früh zum Jubeln
The Irish Times zweifelt noch, ob die Ankündigung auch hält, was sie verspricht:
„Nur weil eine Einigung erzielt worden scheint, die Parlament und Exekutive wieder einberuft, heißt das noch lange nicht, dass daraus echtes Regieren folgt – geschweige denn ein Regieren, das von echtem Vertrauen und echter Zusammenarbeit geprägt ist. ... Noch ist nichts in Stein gemeißelt. Wir wissen nicht, ob die DUP nun reihenweise von ihren eigenen Abgeordneten in London und Belfast und ihren Mitarbeitern im Stich gelassen wird. Wir wissen nicht, ob Donaldson daran zerbricht. ... Wir wissen nicht, ob seine internen und externen Gegner ihre Opposition zu ihm verstärken und offiziell machen.“
Allzu spätes Einlenken der Brexiteers
Das Umschwenken der DUP, deren Boykott auch mit ihrem Protest gegen das Windsor-Abkommen in Verbindung stand, kann nicht von den negativen Folgen des Brexit ablenken, so Irish Examiner:
„Künftigen Historikern dürfte es schwerfallen, das Chaos der jüngsten Zeit zu erklären, ohne auf die selbstverursachte Wunde des Brexit zu verweisen. Die Bewohner Nordirlands in den letzten zwei Jahren jeden Tag unter den Folgen dieser Wahlentscheidung leiden. ... Es ist unwahrscheinlich, dass künftige Historiker diejenigen mit Wohlwollen beurteilen werden, die für den Brexit gekämpft haben und dann nicht in der Lage waren, ihn umzusetzen.“