Frankreich: Kampf um unabhängige Presse dauert an

Rund zehn Milliardäre teilen sich 80 Prozent der Tageszeitungen sowie Rundfunksender, die etwa die Hälfte der Einschaltquoten auf sich vereinen. Doch gegen diese Konzentrationsbewegung regt sich Widerstand.

Präsident Macron im September 2023 in einem Interview, das live auf Youtube und Tiktok übertragen wird. (© picture alliance/dpa/MAXPPP / Pierre Teyssot)
Präsident Macron im September 2023 in einem Interview, das live auf Youtube und Tiktok übertragen wird. (© picture alliance/dpa/MAXPPP / Pierre Teyssot)
Die Medienkonzentration in den Händen reicher Geschäftsleute wie dem Chef des Luxusgüterherstellers LVMH Bernard Arnault, der Familie Bolloré und des Tschechen Daniel Křetínský hat deutlich zugenommen. Protestaktionen von Redaktionen veranschaulichen immer wieder, wie stark die Eigner bisweilen eingreifen. Aus Protest gegen die Abberufung von Chefredakteur Nicolas Barré durch Bernard Arnault weigerten sich die Journalisten des Wirtschaftsblatts Les Echos im März 2023 für 24 Stunden, ihre Artikel mit Namen zu kennzeichnen, im Juni bekräftigten sie ihre Forderung nach einer besseren Absicherung der redaktionellen Unabhängigkeit durch einen Streik: Die Ausgabe vom 2. Juni entfiel. Und die Sonntagszeitung Le Journal du dimanche, die kurz zuvor von Bollorés Vivendi-Konzern - zu dem etliche TV-Kanäle und Zeitschriften gehören - übernommen worden war, erschien sechs Wochen lang nicht, als die Redaktion aus Protest gegen die Ernennung des als extrem rechts geltenden Geoffroy Lejeune zum neuen Chefredakteur in den Streik trat. Dieser Streik blieb letztlich ergebnislos. Den Mitarbeitern von Le Monde hingegen war es 2019 gelungen, ein Mitspracherecht beim Einstieg neuer Großaktionäre zu erkämpfen, und Mediapart überführte sein Kapital im selben Jahr in einen Non-Profit-Fonds und schrieb fest, dass ein Verkauf ausgeschlossen sei.

Lejeunes Einsetzung wird zugleich als besonders bedeutendes Beispiel für die zunehmende Verschiebung der französischen Medienlandschaft nach rechts gesehen. Neben bestehenden Titeln und Sendern, die stärker in diese Richtung ausgerichtet werden, erweitern auch neue Publikationen wie das souveränistische Webportal Front Populaire oder das identitäre Monatsmagazin L’Incorrect das konservative bis rechte Medienangebot.

Behördliche Einschüchterung
Erschwert wird das journalistische Arbeiten außerdem durch Übergriffe von Polizisten und Protestlern bei Demonstrationen sowie durch Einschüchterungen seitens der Sicherheitsbehörden, die Forderungen nach einem besseren Quellenschutz wieder aufleben lassen. Für all diese Probleme sowie weitere Herausforderungen - etwa die Regulierung der Künstlichen Intelligenz - sollen die im Oktober 2023 gestarteten sogenannten Generalstände der Information (die “États généraux de l'information” als Gremium mit Vertretern zum Beispiel aus der Wissenschaft und der NGO Reporter ohne Grenzen) Lösungen aufzeigen.

Stolze Geschichte, große Vielfalt
Dabei hat gerade die Pressefreiheit in Frankreich eine lange Tradition: Im 17. Jahrhundert erschien die erste Zeitung: die Straßburger “Relation”. Während der Französischen Revolution stieg die Zahl der Zeitungen auf bis zu 1.000. 1881 wurde die Pressefreiheit in der Verfassung verankert. Das Land brachte auch die weltweit erste Nachrichtenagentur hervor, die seit 1835 bestehende Agence France-Presse (AFP).

Gegenwärtig spielt das Fernsehen eine zentrale Rolle in der öffentlichen Debatte, insbesondere die 20-Uhr-Nachrichten des Privatsenders TF1 und des öffentlich-rechtlichen Senders France 2. Spricht ein französischer Präsident zum Volk, tut er es traditionell dort. Frankreich ist weltweit eines der Länder mit den meisten Radiosendern – derzeit etwa 900. Der öffentlich-rechtliche Sender Radio France unterhält Nachrichten, Kultur- und Regionalprogramme. Präsident Macron öffnet sich aber auch neueren Medienformaten wie YouTube und Tiktok, um die jüngeren Generationen besser zu erreichen.

Bei den Printmedien verfügt Frankreich über eine große Vielfalt. Die meistgelesenen überregionalen Zeitungen sind Le Parisien, Le Figaro und Le Monde. Die Regionalzeitung Ouest-France erreicht sogar noch mehr Leser. Obwohl viele Pressetitel mit sinkenden Auflagen kämpfen, gingen in den vergangenen Jahren mit La Tribune Dimanche und Franc-Tireur auch neue Blätter erfolgreich an den Start. Viele von ihnen räumen dem Meinungsaustausch einen großen Platz ein. Zudem wenden sich französische Zeitungen zunehmend auch an Leser außerhalb Frankreichs: So bieten beispielsweise die katholische Tageszeitung La Croix sowie Le Monde nunmehr eine Web-Version auf Englisch an, La Croix auch Inhalte auf Spanisch.


Rangliste der Pressefreiheit (Reporter ohne Grenzen):
Platz 24 (2023)
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