Malta: Investigativjournalisten fürchten um ihr Leben

Im Oktober 2017 erschütterte die Ermordung der Journalistin Daphne Caruana Galizia die maltesische Medienlandschaft schwer. Sie hatte sich als Aufdeckerin von politischer und wirtschaftlicher Korruption auch im Ausland einen Namen gemacht.

Gedenken an die Investigativjournalistin Daphne Caruana Galizia im Oktober 2022, fünf Jahre nach ihrer Ermordung durch eine Autobombe. (© picture alliance / AP Photo / René Rossignaud)
Gedenken an die Investigativjournalistin Daphne Caruana Galizia im Oktober 2022, fünf Jahre nach ihrer Ermordung durch eine Autobombe. (© picture alliance / AP Photo / René Rossignaud)
Caruana Galizia hatte unter anderem Verstrickungen des maltesischen Premiers Joseph Muscat und seiner Frau in die Panama Papers und Energiedeals mit Aserbaidschan untersucht. Im November 2019 wurde der Druck auf Muscat so groß, dass er zurücktrat.

Doch die mangelhafte Aufarbeitung des Auftragsmordes sorgt bis heute für Kritik. Im Oktober 2022 wurden zwei Brüder wegen der Ermordung zu je 40 Jahren Haft verurteilt, die Hintermänner wurden jedoch noch nicht zur Rechenschaft gezogen.

Reporter ohne Grenzen bemängelt, dass die von einer Untersuchungskommission 2021 empfohlenen Reformen zur Stärkung der Pressefreiheit von der Regierung nur zögerlich umgesetzt werden. Im Januar 2022 wurde die Einsetzung eines Expertengremiums für die Medienbranche bekanntgegeben, das die maltesische Medienlandschaft analysieren, Schwächen herausarbeiten und der Regierung Vorschläge für Gesetzesänderungen unterbreiten soll.

Zum Zeitpunkt ihrer Ermordung waren 42 Verleumdungsklagen gegen Caruana Galizia anhängig, ein Zeichen dafür, wie aggressiv Maltas Politiker und Wirtschaftsbosse gegen Kritiker vorgehen.

Die maltesische Gesellschaft leidet unter einer tiefen Polarisierung, die sich in einer aufgeheizten Berichterstattung zu Themen wie Migration oder Abtreibung niederschlägt. Journalisten berichten immer wieder, Anfeindungen ausgesetzt zu sein und bedroht zu werden, wenn sie zu Themen wie Korruption und Kriminalität recherchieren.

Jeder Interessengruppe ihr Medium
Dabei verfügt das Land im Verhältnis zu seiner Einwohnerzahl über eine enorm diverse Medienlandschaft mit einer Vielzahl von Tages- und Wochenzeitungen, Fernsehkanälen, Radiosendern und Onlineportalen. Während die englischsprachigen Publikationen kommerziell orientiert sind, subventionieren die beiden großen politischen Parteien des Landes ihre eigenen maltesischsprachigen Blätter. Hier geht es weniger um Wirtschaftlichkeit als um mediale Präsenz.

Der institutionelle Einfluss erstreckt sich auf zahlreiche Medien: Die seit 2013 regierende Labour-Partei besitzt neben einer Wochenzeitschrift einen Fernsehsender und eine Radiostation. Die oppositionelle Nationalist Party gibt eine Tageszeitung heraus. Die Kirche besitzt ihren eigenen Radiosender sowie ein Online-Nachrichtenportal und auch die Gewerkschaft GWU hat eine Tages- und eine Wochenzeitung sowie ein Newsportal. Dies demonstriert, wie stark Interessengruppen den Medienmarkt Maltas als Sprachrohr nutzen.

Zwischen 1814 und 1964 stand Malta unter britischer Herrschaft, und noch heute ist Englisch neben Maltesisch Amtssprache. Das Erbe der ehemaligen Kolonialmacht spiegelt sich auch in den Medien wider: Die Hälfte der Printmedien wird auf Englisch veröffentlicht. Auflagenstärkste Tageszeitung ist die seit 1935 erscheinende englischsprachige Times of Malta, die als Referenzblatt gilt. Die Auflagen von Maltas Printmedien sind durchgängig rückläufig. Onlineangebote verzeichnen einen rapiden Zuwachs. Malta hat im Vergleich zu anderen EU-Ländern eine sehr hohe Social-Media-Nutzungsrate pro Person.


Rangliste der Pressefreiheit (Reporter ohne Grenzen): Platz 84 (2023)

Stand: April 2023

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