Warum auf ein sinkendes Schiff steigen?
Warum Kroatien angesichts der Krisen in der EU noch der Eurozone beitreten soll, ist der linksliberalen Tageszeitung Novi list ein Rätsel:
„Deutschland benutzt den Euro, um die EU wirtschaftlich und politisch zu dominieren. Griechenland, Frankreich, Italien, Spanien, Portugal und die anderen Länder können das immer schwerer ertragen und werden von neuen radikalen Bewegungen überschwemmt, die Euro und europäische Institutionen in Frage stellen. Eine gemeinsame Währungspolitik der EU scheint ebenso unmöglich wie eine gemeinsame Flüchtlingspolitik. Die Mitgliedstaaten haben unterschiedliche Bedürfnisse und die uniformen Entscheidungen der Kommission nutzen den Einen und schaden den Anderen. ... Die EU gleicht einem sinkenden Schiff und die Kommission dem Orchester auf der Titanic, warnt auch der italienische Premier Renzi. Von daher ist es vollkommen unverständlich, warum uns Orešković noch im letzten Augenblick zum Einstieg nötigt.“
Wir können es schaffen
Trotz aktueller Wirtschaftskrise ist der Euro für Kroatien keine unmögliche Mission, spricht sich die liberale Tageszeitung Jutarnji list Mut zu:
„Das ist alles gar nicht so kompliziert. Erst beweisen wir unsere Fähigkeit die Staatsverschuldung abzubauen, was wir ohnehin tun müssen, und dann kommen wir unter das Patronat der Europäischen Zentralbank. Ihr Wohlwollen ist ein sicherer Garant für ein kontinuierliches und stabiles Wirtschaftswachstum. ... Natürlich ist es unrealistisch anzunehmen, wir könnten auf die Schnelle die vielen Milliarden Euro zusammen bekommen, um den Schuldenberg abzutragen, der uns von der Eurozone trennt. Aber wer sagt denn überhaupt, dass andere Länder, die der Eurozone beigetreten sind, hundertprozentig alle Kriterien erfüllt haben? Mit politischem Geschick, einer Prise Glück und der Unterstützung der Größten und Mächtigsten, wie zum Beispiel Angela Merkel, ist alles möglich.“
Der Euro bleibt ein Traum
Die Einführung des Euro in fünf Jahren mag ein ernsthafter Wunsch Premier Tihomir Oreškovićs sein, aber mit der Realität hat das nichts zu tun, meint hingegen die konservative Tageszeitung Večernji list:
„Wenn man in die Politik auch die Mathematik einbezieht, rückt die Eurozone in weite Ferne. Der Euro ist zwölf Milliarden Euro von uns entfernt. Das ist der Betrag, um den wir in den kommenden zwei Jahren die öffentliche Verschuldung verringern müssten, damit wir überhaupt erst mit dem Beginn der Beitrittsphase rechnen könnten. Um die Bedingungen von Maastricht zu erfüllen, müsste die komplette Auszahlung der Renten zwei Jahre lang ausgesetzt werden und zudem dürfte sechs Monate lang niemand im öffentlichen Dienst sein Gehalt bekommen. Oder wir betrachten die ganze Sache optimistischer, also von der Einnahmeseite her: wir bräuchten eine jährliche Wachstumssteigerung von 30 Prozent um diesen Schuldenberg abzubauen.“