Fußballer setzen Zeichen gegen Antisemitismus
Ultras des Fußballklubs Lazio Rom haben Aufkleber an Stadionwänden geklebt, die die von den Nazis ermordete Jüdin Anne Frank im Trikot des Erzrivalen AS Rom zeigen. Als Reaktion darauf liefen die Lazio-Spieler beim Aufwärmen mit Anne-Frank-T-Shirts auf. Außerdem sollen Fußballspiele mit einer Lesung aus dem Tagebuch der Anne Frank und einer Schweigeminute für die Holocaust-Opfer beginnen. Doch wie sinnvoll sind solche Aktionen eigentlich?
Nur eine oberflächliche Geste
Mit Lesungen und Schweigeminuten kommt man dem Problem nicht bei, mahnt der Schriftsteller Paolo di Paolo in La Repubblica:
„Solche Momente sind zwar sehr feierlich, aber ihnen wohnt eine leere Rhetorik inne und sie wirken wie eine heuchlerische Maske, die für die Fernsehkamera aufgesetzt wird. Ich weiß nicht, ob es wirklich Sinn macht, mit dem Davidstern oder dem Bild von Anne Frank das Spielfeld zu betreten. Ich fürchte nein. Es ist eine spektakuläre Geste, doch eine rein äußerliche. Denn wissen die Träger der Trikots und die Fans etwas über Anne Frank? Wenig, zu wenig - vielleicht vom Hörensagen. Und vor allem: Es fehlt ihnen an Vorstellungskraft. ... Doch ohne Kenntnis der Vergangenheit und ohne Vorstellungskraft verwandelt sich jede Geste in ein finsteres, kaltes Theater.“
Eine einzige Groteske
Von einer Groteske spricht der Schriftsteller Alessandro Piperno in Corriere della Sera:
„Es ist absurd zu verlautbaren, dass wir alle Anne Frank sind. Denn, gütiger Himmel, es ist doch offenkundig, dass wir es nicht sind. Sie war weitaus geistreicher als wir und musste ein tragisches Schicksal erleiden. Es ist bizarr, dass Auszüge aus Tagebüchern, die in die Sphäre der Intimität eines jeden von uns gehören, vor halbleeren Fußballstadien verlesen werden, in totaler und nachvollziehbarer Gleichgültigkeit. ... Ich bitte euch, befreit uns von dieser Groteske und säubert die Stadien von diesem entsetzlichen Lumpenpack. Ihr Vergehen ist nicht, den Antisemitismus verbreitet zu haben - diese Macht haben sie, dem Himmel sei Dank, nicht. Ihr Vergehen ist, dass sie unser Leben einige Tage lang in eine Groteske verwandelt haben.“