Zugunglück in Italien: Kehrseite der Mobilität
Bei einem Zugunglück in der Nähe von Mailand sind am Donnerstag drei Menschen gestorben, 47 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Im Zug befanden sich viele Studenten und Pendler, die Unfallursache ist noch unklar. Die immer stärker steigende Mobilität erhöht die Gefahr von Unglücksfällen auch in hochentwickelten Regionen, meinen Journalisten.
Pendelverkehr nicht unterschätzen
Der Wandel der Arbeitswelt sorgt für stetig steigenden Pendelverkehr, analysiert Corriere della Sera:
„Wohnort und Arbeitsplatz liegen nicht mehr nahe beieinander. Wer also mühsam einen Arbeitsplatz ergattert hat, verteidigt diesen. Und so wächst der Fluss derjenigen, die jeden Tag bei Morgengrauen aufstehen, den Zug nehmen und abends heimkehren. Die stetig wachsende Technologisierung reduziert nämlich nicht die Arbeitsmobilität - im Gegenteil: Sie steigert den täglichen Fluss von Menschen und Waren, die in Bewegung sind. ... Wir alle, die Medien und natürlich auch die Politik, sind uns darüber noch nicht im Klaren und unterschätzen weiterhin die Bedeutung der Mobilität in der modernen Gesellschaft. Wir behandeln das Phänomen der Pendler wie eine Anomalie, die früher oder später absorbiert wird.“
Eine Schmach für den Norden
Norditalien rühmt sich, die Lokomotive des Landes zu sein, dabei vernachlässigt die Region sträflich das Hinterland, klagt La Stampa:
„Tragödien wie diese nehmen uns die Illusion und zeigen uns, wie falsch die beruhigenden Sicherheiten sind, auf denen unser dummer Stolz, unsere dummen Vergleiche, unsere dummen Hoffnungen bauen. Es ist eine Illusion, dass es ein Stück Italien gibt, in dem die Modernität, die technologische Entwicklung, der Reichtum und die Professionalität Zugunglücke ausschließen, und dass diese nur im hintersten Winkel des tiefsten Südens vorkommen. ... Der Norden brüstet sich häufig, Zugkraft des Landes zu sein, doch er ist nicht in der Lage, seine Pendler sicher zum Arbeitsplatz zu bringen.“